Pflastersteine sind doch Argumente

Kaufleute, Grüne und Linke streiten dafür, dass die Straße „Vor dem Steintor“ gepflastert wird wie der Ostertorsteinweg. Sollten SPD und CDU morgen im Beirat zustimmen, muss nur noch die Behörde überzeugt werden

Der Streit ums Pflaster hat im Steintor eine ganz neue Farbenlehre begründet: Die kleinkapitalistischen Kaufleute streiten mit den Sozialisten von der Linken und den Öko-Grünen gemeinsam für die Pflastersteine – gegen die „Asphalt-Liga“ von SPD und CDU. So sah es jedenfalls vergangene Woche aus. Die Händler luden zur Pressekonferenz, denn für sie ist klar: Wenn die Straße „Vor dem Steintor“ nicht genauso gepflastert wird wie der Ostertorsteinweg, dann sind sie abgehängt. Für Jürgen Wenzel von der Spielerei sehen die Pläne doppelt absurd aus: Vor seinem Geschäft ist gerade neues Pflaster gelegt worden, es soll herausgerissen werden, um zu asphaltieren.

Zwar hat die Baudeputation 2003 eindeutig für eine Pflasterung der ganzen „Meile“ votiert, das aber, so die behördliche Interpretation, gilt nur für die Bauabschnitte eins bis drei, und die enden am Ziegenmarkt. Der Straßenlärm ist das Argument der Baubehörde, die die Proteste gegen das Pflaster aus dem Ostertor noch im Ohr hat, und die Schwierigkeiten, die ältere Menschen mit Gehhilfe etwa beim Straßenpflaster haben können. Der Lärm, kontern die Kaufleute, kommt von der Straßenbahn – und vom Tempo. Die Grünen haben daher das Modell „Begegnungszone“ vorgeschlagen. Das bedeutet: Tempo 20 und Vorrang für die Fußgänger. Am vergangenen Freitag konnte sich Bausenator Reinhard Loske beim grün-grünen Hintergrundgespräch damit noch nicht recht anfreunden, weil er damit rechtliches Neuland betreten müsste.

Im Beirat hat man derweil einen taktischen Schachzug vorbereitet: die Kaufleute haben mit CDU-Mann Peter Kadach gesprochen und den auf Linie gebracht. Die SPD wurde von den Grünen mit dem Kompromissangebot überzeugt, man könne doch den Streifen zwischen den Schienen glatt machen. Nun droht morgen ein einvernehmlicher Beiratsbeschluss – gegen den Asphalt.

Und das hätte Folgen: Gegen das Votum des Beirats kann der Bausenator nicht ohne langwieriges Planfeststellungsverfahren die Straße sanieren. Im Februar 2009 aber soll es aber losgehen, die Bagger sind bestellt. Mit dem Argument „Zeitdruck“ soll Loske nun sein mächtiges, zuweilen aber starrsinniges Amt für Straßen und Verkehr in die Knie zwingen. KAWE