Hattig als wilder Wasser-Kanut

Neben Fischtreppe und Weserkraftwerk könnte eine zehn Meter breite Wildwasserstrecke für Kanuten entstehen, findet Bremens Wirtschaftssenator Hattig. Und die Stadt staunt kopfschüttelnd: Wie kam der Mann darauf? Die taz liefert die Antwort

taz ■ Bremens Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) ist trotz seines Alters (Jahrgang 1931) stolz darauf, wie fit er noch dabei ist bei sportlichen Aktivitäten. Bisher war vor allem seine Leidenschaft für den Fußball bekannt. Als er dann Anfang des Monats in einer Art „persönlichem Reflex“ andeutete, ein „anderer Lebensrhythmus“ als der des Senators mit einem 10-Stunden-Terminkalender sei für ihn „eine Versuchung“, da kündigte er nebenbei eine kleine Sensation an: Seine Wirtschaftsbehörde habe noch viele interessante Ideen, und da gebe es insbesondere die „Idee für eine Wildwasserstrecke am Weserwehr für sportliche Veranstaltungen“. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion erklärte aufgeschreckt, das würde ihn genauer interessieren. Der Bremer SPD-Vorsitzende Wolfgang Grotheer wurde grundsätzlich: „Bremische Wirtschaftsförderung muss zielgenauer angelegt werden, damit sie erfolgreich wird.“

Das ist ein Satz, der Hattig sicherlich gefallen wird. Immerhin hatte der Senator zum Space Park den Satz gefunden: „Unternehmerisches Handeln ist immer risikobehaftet.“ Aber: Kam Hattig selbst auf die Wildwasserstrecke am Weserwehr wie er auf die Idee für das Einkaufszentrum beim Space Park kam? Dieses Geheimnis können wir hier lüften: Der Kanu-Landesverband Bremen hatte ihm zu diesem Thema vor einer Woche einen zweiseitigen Brief geschrieben.

„Bremen verfügt über sehr gute Voraussetzungen“, schwärmte der Kanu-Verband. Denn am Weserwehr ist die Fallhöhe mindestens zwei Meter, bei Ebbe steigt sie bis auf sechs Meter an. Da muss das Herz eines jeden Kanuten höher schlagen. Zehn Meter breit könnte das Wasser über eine Strecke von 300 Metern in die Tiefe stürzen, für drei Millionen Euro wäre der Spaß zu haben. Die Kanuten könnten die Eskimorolle und das Ein- und Ausschwingen ins Kehrwasser üben oder auf der Walze reiten, schwärmt der Landesverband, eben „ein weiterer maritimer Schwerpunkt“ auf der „Achse Schlachte / Weserwehr“. Das hat Hattig so beeindruckt, dass er sich diese Idee zu eigen machte.

„Dann müssen die Kanu-Touristen aus Bottrop aber in den Tidenplan gucken, bevor sie sich ins Auto setzen“, spottet Hucky Heck. Der kennt sich am Weserwehr aus, weil er dort das Wasserkraftwerk bauen will. Die vier bis sechs Meter Gefälle gibt es da nur kurze Zeit – einmal am Tag. Öfter ist Ebbe nun mal nicht. Im Sommer, wenn die WassersportlerInnen sich über gutes Wetter freuen würden, sei zudem kein Wasser übrig für eine Kanu-Strecke: „Da brauchen wir das Wasser für das Kraftwerk.“ 150 Kubikmeter pro Sekunde – da kann nichts abgezweigt werden für Kanuten. Heck hartherzig: „Das Projekt ist mit unserem unverträglich.“

Im zuständigen Bauressort sieht man das auch so. Fragt sich nur, warum der kühl kalkulierende Unternehmerkopf Hattig nicht die fachkundige Prüfung der Idee abgewartet hat, bevor er damit an die Öffentlichkeit ging. Vielleicht, weil er es leid ist, als Aufsichtsratsvorsitzender der Post für das Abschrauben von Briefkästen verantwortlich gemacht zu werden. Und sich also darauf freut, in einem dritten „Lebensrhythmus“ seine späte Liebe zum Wildwasser-Sport zu entdecken. kawe