Solarenergie ist der Schlüssel

Die Energiewende ist machbar, besagt ein jüngstes Gutachten für die Bundesregierung: Erneuerbare Energien müssen „massiv“ gefördert werden. 50 Prozent im Jahr 2050

„Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit“ – so lautet der Titel des neuen Jahresgutachtens, das der „Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen“ (WBGU) im April der Bundesregierung übergeben hat. Das Werk hat es in sich. Die Experten betonen darin die „dringende Notwendigkeit“ einer „globale Energiewende hin zu einer Energieversorgung der Weltbevölkerung auf Basis erneuerbarer Energiequellen“. Nur so könnten das Weltklima geschützt und mehr als zwei Milliarden Menschen in den Entwicklungsländern „von Energiearmut befreit“ werden. Doch müsse man in den nächsten beiden Jahr „rasch und entschlossen“ handeln.

Eine wesentliche Voraussetzung für eine Energiewende sei zunächst die „effizientere Umwandlung und Nutzung von Energie“. Als Ziel sieht der Beirat hier, bis 2050 weltweit mit der gleichen Energiemenge das Dreifache an Gütern und Dienstleistungen zu produzieren. Insbesondere sollten internationale Standards für fossil betriebene Kraftwerke angestrebt sowie die gekoppelte Produktion von Strom und Wärme in Kraftwerken gefördert werden.

Zudem seien die erneuerbaren Energiequellen „massiv“ zu fördern. Der Anteil aller erneuerbaren Energien an der globalen Energieerzeugung solle daher bis 2020 von derzeit gut zwölf Prozent auf 20 Prozent steigen. Im Jahr 2050 seien 50 Prozent möglich und erforderlich.

Auf der diesjährigen Photovoltaik-Fachkonferenz im Kloster Banz in Staffelstein sagte Beobachtern zufolge der Vorsitzende des Beirats, Hartmut Graßl, insbesondere der zurzeit noch kleinen Industrie der Solarstrombranche „eine Schlüsselrolle für die Zukunft“ voraus. Die „einzige regenerative Energiequelle mit ausreichend Potenzial zur Versorgung der gesamten Menschheit“ seien weder Wind- noch Wasserkraft, sondern die Sonne, so Graßl.

Die nur begrenzt ausbaubaren erneuerbaren Quellen wie Windkraft oder moderne Bioenergie seien „heute preislich oft konkurrenzfähig“. Dagegen seien „die praktisch unbegrenzt ausbaubaren Techniken“ wie Photovoltaik und solarthermische Kraftwerke zurzeit „betriebswirtschaftlich noch vergleichsweise teuer“. Weil jedoch die Erschließung nicht solarer erneuerbarer Energieformen „mittelfristig an ihre Grenzen“ stoße, müsse die Solarenergie „bereits jetzt umfassend weiter ausgebaut und gefördert werden“. Dieses Potenzial könne nur dann rechtzeitig erschlossen werden, wenn eine Verzehnfachung der installierten Leistung pro Dekade schon jetzt und auch langfristig sichergestellt werde.

Den Einsatz von Kohle zur Energiegewinnung empfehlen die Gutachter hingegen „noch in diesem Jahrhundert“ zu beenden. Bis 2050 solle man zudem weltweit aus der Nutzung der Kernkraft aussteigen: „Unter anderem stellen die illegale Verbreitung und die ungelöste Endlagerung nicht tolerierbare Risiken dar“, heißt es in dem mehr als 200 Seiten starken Bericht.

„Die Energiewende ist finanzierbar“, weisen die Gutachter nach. Dafür müssten allerdings „sämtliche Möglichkeiten genutzt werden“. In Industrie- und Schwellenländern seien die Subventionen für fossile Energien und Kernkraft bis 2020 vollständig abzubauen, neue Atomkraftwerke sollten nicht mehr genehmigt werden. Dazu empfiehlt der Beirat die „Aushandlung von multilateralen Energiesubventionsabkommen“ bis 2008. Zu fördern seien private Investitionen in nachhaltige Energien.

Empfohlen wird dabei insbesondere, Markteinführungsstrategien wie beispielsweise zeitlich begrenzte Subventionen und Einspeisevergütungen fortzusetzen und auszubauen. Außerdem sollte unter anderem die Verbreitung und Weiterentwicklung der Technologien des solaren Bauens entschieden gefördert werden.

Ein weiterer Kern des Gutachtens ist zudem die Einbeziehung der Entwicklungsländer. Personelle und institutionelle Kapazitäten seien dort aufzubauen und zu stärken, der Technologietransfer zu intensivieren, um „damit die Rahmenbedingungen für den Aufbau nachhaltiger Energiesysteme zu verbessern“.

Die Energiewende bezeichnet der Wissenschaftliche Beirat als eine vergleichbar große technologische und gesellschaftliche Herausforderung wie die einstige industrielle Revolution. „Sie kann nur gelingen, wenn erheblicher Forschungs- und Entwicklungsaufwand betrieben wird“, mahnen die Gutachter. Dies betreffe die erneuerbaren Energieträger, die Infrastruktur, die Technik zur effizienten Energieverwendung sowie die Bereitstellung von Wissen. Doch die weltweite Transformation der Energiesysteme werde nur gelingen, wenn sie schrittweise und dynamisch gestaltet ist. „Langfristige Energiepolitik“, heißt es abschließend, „ist auch ein Suchprozess.“ ANDREAS LOHSE

www.wbgu.de; die gedruckte Fassung ist für den Sommer im Springer Verlag angekündigt