Im Supermarkt

Sozialfall sind die andern

Der Typ an der Kasse hat sein Geld vergessen. Und er hat die falsche Karte mit, eine, mit der er in dem Supermarkt zwar bezahlen könnte, auf der er aber kein Guthaben hat. Die Kassiererin schaut genervt. „Ich wohne gleich um die Ecke und hol die Karte schnell“, versucht er sie zu beschwichtigen. Trotzdem muss die Kassiererin die Buchung erst einmal stornieren. Der Typ sprintet los, zwei Tafeln Schokolade, eine Packung Kaugummi und ein Sixpack bleiben an der Kasse stehen. Die Kassiererin klingelt. Nichts passiert.

Von hinten in der Schlange gibt es Gedrängel. Ein Mann, der eine Menge Bierflaschen auf das Band gelegt hat, schimpft Unverständliches, das Wort Sozialfälle kommt wiederholt vor. Die Grimmigkeitsstufe der Kassiererin erreicht acht auf einer zehnstelligen Skala. Immer wieder blickt sie in Richtung Tür, aus der die Erlösung in Person der Filialleiterin samt Stornoschlüssel kommen sollte. Sie kommt nicht. Die Kassiererin klingelt zweimal kurz hintereinander, mit Nachdruck. „Bitte gehen Sie auch eine Kasse weiter“, ruft sie in Richtung der Schlange, die mittlerweile irgendwo zwischen den Hygieneartikeln endet.

Ein weiterer Blick in Richtung Tür, ein weiteres Klingeln. Da geht die Tür auf und die Filialleiterin samt Stornoschlüssel erscheint. „Das ist eine Kartenbuchung, da müssen wir alles einzeln noch mal herausnehmen“, erklärt sie mit ernster Miene. Die Grimmigkeitsstufe der Kassiererin erreicht ungefähr zwölf auf einer zehnstelligen Skala, als sie die Produkte einzeln wieder durch den Scanner zieht. Dann geht alles ganz schnell: Storno, Stornoquittung, es kann weitergehen. In dem Moment kommt der Typ zurück. Mit der richtigen Karte. „Jetzt kann’s weitergehen“, sagt er. SVENJA BERGT