Service für Naziblatt

Die IHK Bochum versorgt heimische Unternehmen mit Medienadressen, darunter auch die der NPD-nahen Zeitung „Freiheit Wattenscheid“

von Miriam Bunjes

Wegen ihrer „multirassischen Überfremdungspolitik“ habe die grüne Partei die Anschläge vom 11. September mitverschuldet, finden die Redakteure der Wattenscheider Vierteljahreszeitschrift „Freiheit Wattenscheid“ und schreiben das auch – nicht ohne den rechtspolitischen Sprecher Volker Beck wegen seiner Homosexualität als „Sklaven pervertierter Sexsucht“ zu bezeichnen. Eine in der „Freiheit Wattenscheid“ durchaus übliche Schreibe: Unterkünfte für AsylbewerberInnen heißen hier „Asylbetrügerheime“ und auch dass in der so genannten Reichskristallnacht kein Jude in Wattenscheid persönlich Schaden getragen habe, kann in regelmäßigen Abständen nachgelesen werden.

Trotzdem steht die „Freiheit Wattenscheid“ kommentarlos im Presseverzeichnis der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bochum – als eines von drei städtischen Anzeigenblättchen. Das Presseverzeichnis ist ein kostenloser Service der IHK und wird auf Anfrage an angeschlossene Firmen verschickt. „Hier finden Unternehmen Kontakt zu Medien, bei denen sie ihre Anzeigen schalten wollen“, erklärt IHK-Sachbereichsleiterin Helma Kliesch. Politisch passt ihr die „Freiheit Wattenscheid“ nicht. „Wir als IHK haben uns ja auch erst kürzlich gegen die NPD-Demo und jeglichen Antisemitismus positioniert“, sagt Helma Kliesch. Aber man könne die „Freiheit Wattenscheid“ nicht einfach aus dem Presseverzeichnis streichen. „Wir müssen alle Medien gleich behandeln“, sagt Kliesch. „So funktioniert Demokratie eben.“ Schließlich könnten sich die werbenden Firmen selbst über die politische Ausrichtung des Anzeigenblättchens informieren.

Und das ist im Fall der „Wattenscheider Freiheit“ eben eine extrem rechte. „Hier spricht die Strömung der germanischen Bärenfell-Träger der NPD“, sagt Alfred Schobert vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung. Für das Düsseldorfer Versorgungsamt hat der Wissenschaftler das Blatt seit seiner Entstehung vor 14 Jahren untersucht. Sein Urteil: „Faschistisch und antisemitisch.“ Formal ist „Freiheit Wattenscheid“ ein parteiunabhängiges Organ, die Redaktionsadresse ist jedoch identisch mit der des Landesverbandes der NPD.

„Die IHK muss ihre Mitglieder darüber aufklären“, fordert Günter Gleising von der Sozialen Liste Bochum. „Eine derartige Zeitung darf nicht durch seriöse Anzeigen salonfähig werden.“ Jegliche Aufklärung ist eine Diskriminierung, sagt dazu Helma Kliensch. „Die IHK muss die Freiheit Wattenscheid so behandeln wie alle Medien – wertneutral.“