schmickler macht ernst
: Ich bin en kölsche Kid!

WILFRIED SCHMICKLER: Der Mann mit der Axt holzt für die taz

Franz Sommerfeld, der Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeigers, durfte im Rosenmontagszug das tun, wovon „nicht wenige Kölner träumen“: mitfahren im Wagen des Zugleiters Alexander von Chiari, quasi im Rolls-Royce unter den närrischen Gefährten.

Da hat er aber wirklich Glück gehabt, der Franz. Denn so ein Rosenmontagszug ist mittlerweile nur noch für die ein echtes Vergnügen, die im Zug mitfahren, mitreiten oder wenigstens mitlatschen. Die anderen quetschen sich auf den wenigen frei zugänglichen Fleckchen zwischen den 88 Tribünen und 109 LKWs, die entweder komplett vermietet werden oder ein horrendes Eintrittsgeld kosten. Immerhin werden pro LKW und pro Tribüne 2000 Euro Stellplatzgebühr fällig. Das macht schlappe 400.000 Euro, die zwischen dem Festkomitee-Vermarkter und der Stadt aufgeteilt werden. Da kriegt das diesjährige Zoch-Motto eine ganz neue Bedeutung: „Laach doch ens, et weed widder wäde!“

Und dafür, dass et widder wäde weed, sorgt unser aller Schramma-Fritz: „Im Verhältnis zwischen Tribünen und Stehplätzen ist die Obergrenze erreicht.“ Heißt: Im nächsten Jahr werden es zwar nicht weniger Logenplätze, aber die optische Tristesse der Abzocker-Plätze wird entschärft. „Wenigstens ein paar Luftschlangen müssen sein!“

Außerdem ist ab sofort endgültig Schluss mit allem Vulgären und Ordinären im Kölner Karneval. Musikgruppen wie Redner sollen laut Schramma ihre „Quasiform der Prostitution des Vulgären überwinden“ und ihre „Fäkalsprache ablegen“. Jawoll! Rein mit der Quasiform in die Sprachablage! Dann werden die ganzen Doofmanns-Sitzungen nicht nur gereinigt von allen „vorpubertären“ Entgleisungen –sie werden auch erheblich kürzer. Denn mehr als Pippi und Kacka haben die meisten Karnevals-Köppe doch nicht gelernt.

Gelernt hat das Festkomitee auch aus der zunehmenden Verkalkung des Frohsinns-Apparats und setzt deshalb im nächsten Jahr voll auf die Jugend. „Kölle und die Kids der Welt (Komma!), fiere nit nur Fasteleer“ lautet dementsprechend das Motto des nächsten Rosenmontagszugs. Und kaum hatte der Zugleiter dieses sensationelle Motto bekannt gegeben, da entbrannte auch schon eine Diskussion, und nicht nur der Verein Deutsche Sprache übte „scharfe Kritik“. Mit diesem Motto habe „die seuchenartige Ausbreitung von Englisch Einzug ins Kölsche gehalten“. Doch da muss ich dem Motto-Erfinder von Chiari ausnahmsweise mal Recht geben: „Pänz wird nur in Köln verstanden. Wir wollen aber die Jugend der Welt ansprechen“. Ich hör sie schon, die Jugend der Welt: „Let‘s go to Kölle Fasteleer fiere!“ Übrigens ist das Komma hinter „Welt“ inzwischen wegradiert, weil es „fehl am Platze sei“ (von Chiari). Ich fand‘s durchaus passend. Beweist es doch auf eindrucksvolle Weise: So doof wie ihre Alten müssen die Kids erst noch werden!