Dusche hält länger frisch

Milch wird durch Erhitzen haltbar, dabei verliert sie aber Vitamine: Die Meierei Trittau bietet jetzt einen High-Tech-Ausweg auch für Bio-Produktion. H-Milch ist besser als ihr Ruf

von GERNOT KNÖDLER

Wer auf dem Milchsee der EU obenauf schwimmen will, muss sich alle paar Jahre was Neues einfallen lassen. Klaus Prätorius, Geschäftsführer der Meierei Trittau im Landkreis Stormarn, sah sich um in der Branche und entdeckte ein neues Erhitzungsverfahren, das die Qualität der Milch nicht stärker verschlechtert als das Pasteurisieren, deren Haltbarkeit jedoch verdreifacht. Konventionelle Milch dieser Art vermarktet die Meierei unter dem Namen „Die Längerfrische“, die Bio-Variante als Milch vom „Hamfelder Hof“. Mit dem Etikett „Bio“ verträgt sich das Aufbereitungsverfahren ebensogut wie das Pasteurisieren oder sogar das Ultrahocherhitzen, mit dem H-Milch erzeugt wird.

Die verschiedenen Milchsorten werden nach ihrem Fettgehalt unterschieden. Natürlicherweise liegt er etwa bei 3,8 Prozent. Bei Vollmilch wird er auf 3,5 Prozent eingestellt, bei teilentrahmter Milch auf 1,5 Prozent. Entrahmte Milch, „Magermilch“, enthält bloß 0,3 Prozent Fett.

Daneben zählt der hygienische Standard wie ihn die Milchverordnung vorgibt: Völlig unbehandelte Rohmilch darf nur ab Hof verkauft werden, mit dem Hinweis, man möge sie doch bitte abkochen, für den Fall, dass sie krank machende Keime enthält. Vorzugsmilch ist Rohmilch von Höfen mit besonderen Hygiene-Standards. Sie wird abgepackt über den Handel vertrieben. Beim Pasteurisieren wird die Milch auf 60 bis 127 Grad Celsius erhitzt, je höher, desto kürzer: von 30 Minuten bei 65 Grad bis zu unter vier Sekunden bei bis zu 127 Grad. H-Milch muss zwei bis acht Sekunden lang auf mindestens 135 Grad gebracht werden.

Längerfrische Milch wird per „Fallstromerhitzung“ maximal zwei Sekunden lang auf 127 Grad erwärmt. Dabei wird die Milch zunächst homogenisiert, indem die Fettkügelchen darin so zerkleinert werden, dass sich kein Rahm mehr absetzen kann. Durch einen Brausekopf gedrückt, schießen in Trittau dünne Milchstrahlen anschließend durch heißen Dampf, um danach sofort abgekühlt zu werden. Auf diese Weise werden mehr Keime zerstört als beim herkömmlichen Pasteurisieren, ohne dabei den Vitamingehalt oder den Geschmack zu beeinträchtigen.

Die Trittauer Meierei hatte lange Zeit einen guten Teil ihres Geschäfts mit Speiseeis gemacht. 1989 hielt sie dem Druck der großen Lebensmittelkonzerne nicht mehr stand und verkaufte ihre Eissparte an Schöller. „Wir haben überlegt: Wir müssen was Neues machen, was andere noch nicht machen“, sagt Geschäftsführer Heiko Maschmann. Seine Meierei hat erreicht, dass das in den USA und den Niederlanden bereits etablierte Verfahren auch in Deutschland anerkannt wurde, und sieben Millionen Euro investiert. „Das war so ein Erfolg, dass wir Probleme hatten, mit dem Maschinenpark hinterher zu kommen“, sagt Maschmann.

Auch für die Bio-Bauern der Region bietet die „ESL-Milch“ mit ihrem „Extended Shelf Life“, also einer besseren Lagerfähigkeit, Vorteile. Sie können ihr Markenprodukt ohne Qualitätseinbußen in entfernten Regionen anbieten und damit regionale Absatzschwächen ausgleichen – allerdings um den Preis zusätzlichen Verkehrs.

Die verschiedenen Erhitzungsverfahren verändern den Nährstoffgehalt der Milch nur wenig. Die Konzentration fettlöslicher Vitamine und der Mineralstoffe bleibt gleich – auch der des Calciums, das der Knochenschwäche Osteoporose vorbeugt. Lediglich die hitzeempfindlichen B-Vitamine, Folsäure und Vitamin C werden zum Teil zerstört. Bei pasteurisierter Milch, einschließlich der ESL-Milch, verringert sich ihr Gehalt nach Angaben der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) um bis zu 15 Prozent, bei H-Milch um bis zu 20 Prozent.

Weitaus stärker als Erhitzung wirkt sich die Fettreduktion auf die fettlöslichen Vitamine A, D, E und des Provitamins Betacarotin aus. In fettarmer Milch findet sich davon nur halb soviel wie in Vollmilch, in Magermilch fast nichts mehr.