Gewinnbringer oder Kostenfalle?

Zahlenspiele vor dem Volksentscheid: Befürworter und Gegner des Verkaufs des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser werfen sich gegenseitig Manipulationen vor

Der Kampf wird mit harten Bandagen geführt. Zwei Tage vor dem Volksentscheid über den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK), warfen sich Gegner und Befürworter der Privatisierung gestern gegenseitig Lug und Trug vor. So beschuldigt Hamburgs ver.di-Chef Wolfgang Rose Ole von Beust, mit der „Verbreitung falscher Zahlen“ über die finanzielle Situation des LBK Stimmung für den Verkauf machen zu wollen.

„Der LBK ist auf dem Weg der finanziellen Gesundung, er steht wesentlich besser dar, als CDU und FDP Glauben machen wollen“, weiß Rose. In den vergangenen zwei Jahren hätte der LBK im laufenden Geschäft jeweils zweistellige Millionengewinne erzielt. Allein die Lasten der Altersversorgung für ehemalige Krankenhausbedienstete würden das Betriebsergebnis drücken. „Einen Gewinnbringer wie die LBK verkauft man nicht, und die Horror-Zahlen des Bürgermeisters sind eine klare Falschaussage“, lautet Roses Bewertung.

Dem widersprechen Gesundheitssenator Peter Rehaag (Offensive) und der CDU-Gesundheitsexperte Dietrich Wersich. Laut Rehaag wird der LBK 2004 einen „Jahresfehlbetrag von 9,56 Millionen Euro“ erwirtschaften – die „Altlasten für die Altersversorgung“ nicht eingeschlossen. Wersich hingegen betont, „dass eine Entschuldung des LBK 500 Millionen Euro Steuergelder erfordern würde“ – eine Summe, die Hamburg „aus eigener Kraft nicht stemmen könnte“.

Auch die Belegschaft des LBK ist gespalten. In dieser Woche hatten einige Dutzend Chefärzte der zum Verkauf stehenden Kliniken mehrere Zeitungs-Anzeigen für die LBK-Privatisierung geschaltet. Die Mehrheit der 12.000 Mitarbeiter aber ist offensichtlich gegen die Pläne: Sie wählte, wie gestern bekannt wurde, fünf ver.di-Vertreter und ein Mitglied des Marburger Bundes – allesamt entschiedene Gegner des Verkaufs – in den Aufsichtsrat des Landesbetriebs. Den Personalvertretungen wurde nach ver.di-Informationen von den Direktorien einiger Krankenhäuser gleichzeitig untersagt, zum Thema Krankenhaus-Verkauf Stellung zu beziehen. Die Gewerkschaft spricht deshalb von einem „Maulkorb für Beschäftigte“ der betroffenen Kliniken.

Ob das Ergebnis der Volksabstimmung, bei dem nach Umfragen mehr als dreiviertel der Stimmberechtigten gegen einen LBK-Verkauf votieren werden, konkrete Auswirkungen hat, ist fraglich – es ist für den Senat nicht bindend. Während in den vergangenen Tagen die Mirow-Wahlplakate mit dem Slogan „Nur die SPD verhindert den Krankenhausverkauf“ überklebt wurden, übt sich Verkaufsbefürworter Ole von Beust im Werfen von Nebelkerzen. Er werde „über ein solches Votum nicht kaltschnäuzig hinweggehen“ kommentiert der Bürgermeister die eindeutigen Volksentscheids-Prognosen. Ob er es stattdessen warmherzig ignorieren werde, darüber gibt er keine Auskunft.

Marco Carini