Großes Gedrängel in der Sendezelle

Bei den Mobilfunk-Unternehmen steht die nächste Fusion vor der Türe. Der Markt ist gesättigt, ein Boom nicht in Sicht

MÜNCHEN taz ■ Ad Scheepbouwer ist freundlich, aber unerbittlich. Der Chef des niederländischen Telekomkonzerns KPN wirbt nun schon zum zweiten Mal um seinen britischen Wettbewerber MMO2. Den Aktionären hat er Anfang der Woche einen Aktientausch im Zuge einer freundlichen Übernahme vorgeschlagen. Das würde beiden nur Vorteile bringen, findet mindestens Scheepbouwer.

Vor allem in Deutschland, wo die Konzerne hübsche, wenngleich mittelfristig nicht markttaugliche Töchter besitzen. Dem ehemals staatlichen Telefonkonzern KPN gehört der Mobilfunkanbieter E-Plus, die Briten besitzen hierzulande O2. In Zukunft werden die beiden Kleinen mit zusammen 20 Prozent Marktanteil sich jedoch gegen die Übermacht von T-Mobile und Vodafone nicht behaupten können. Jeder der beiden Konzerne hat allein rund 40 Prozent Marktanteil in Deutschland. Bei E-Plus ist der Gewinn im vergangenen Jahr um 11 Prozent gesunken, denn es kamen deutlich weniger Kunden als angenommen.

So gehe es nicht weiter, sagen Analysten. Denn nach dem exorbitanten Wachstum der Branche um die Jahrtausendwende stagnieren die Zuwächse. Der durchschnittliche deutsche Mobiltelefonierer bringt nicht mehr als 25 Euro im Monat. Und noch wichtiger: Fast alle Deutschen haben bereits ein Mobiltelefon. Mit anderen Worten: Der Markt ist gesättigt, und das nicht nur in Deutschland, sondern in allen Industrieländern.

Trotzdem wollen die Unternehmen weiter wachsen. Denn die ehemals staatlichen Konzerne in Europa sind hoch verschuldet. Allein die Deutsche Telekom schleppt Schulden von 53 Milliarden Euro mit sich herum, France Telekom rund 49 Milliarden. Hinzu kommt, dass ihre Aktienkurse in den vergangenen Jahren in den Keller gerutscht sind. Kurz vor dem Börsendesaster hatten sich die Telekomkonzerne außerdem für Milliarden Euro die UMTS-Lizenzen gesichert und daraufhin kräftig in die neue Technik investiert, ohne bislang einen Euro daran zu verdienen. Insgesamt 140 Milliarden Euro haben die Unternehmen allein an die westeuropäischen Staaten gezahlt, um an diese viel versprechenden Lizenzen zu gelangen. Das Geld muss nun wieder hereinkommen. Aber wie?

An das Mantra nicht versiegender Gewinne durch UMTS glauben nicht einmal mehr die Konzerne. Denn UMTS ist technisch nicht überzeugend. Es bietet den Nutzern zwar theoretisch den Zugang zu ungehindertem Datentransfer. Praktisch funktioniert das aber nur an bestimmten lokalen Punkten. Anders als im flächendeckenden herkömmlichen Mobilfunk, arbeitet der UMTS-Nutzer in einer Art Sendezelle. Verlässt er sie, bricht die Verbindung ab.

In Europa haben die Firmen noch nicht einmal ein passendes Telefon zur Hand. Vodafone-Chef Arnu Sarin hat erst in dieser Woche wieder den Handyhersteller Nokia zusammengestaucht, weil dessen Apparate zu langsam und klobig sind. Dabei könnte Vodafone angeblich loslegen, denn die Technik stehe. So wie bei E-Plus und O2, die ab März in der Sendezelle arbeiten wollen – ob allein oder zu zweit.

ULRIKE FOKKEN