Schweden wollen Volvo retten

Die Krise des amerikanischen Autokonzerns Ford gefährdet auch Schwedens Traditionsmarke Volvo. Nun mehren sich die Rufe nach einer zeitweisen Verstaatlichung. Diese Schonfrist soll zur Entwicklung umweltfreundlicher Modelle genutzt werden

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

In Schweden formiert sich eine Mehrheit, die den Autobauer Volvo privatisieren will. 68 Prozent der SchwedInnen wollen laut einer aktuellen Umfrage ihren wegen der Krise des Mutterkonzerns Ford ins Schleudern gekommenen Pkw-Hersteller verstaatlicht sehen. Nun hat mit den Sozialdemokraten erstmals auch die größte Oppositionspartei ihre Einstellung zu einer solchen Lösung radikal geändert. Schafften Ford und GM es nicht, schwedische Autofabriken zu betreiben, müsse der Staat sich überlegen, ob er Volvo und Saab nicht übernehme, erklärte deren Parteivorsitzende Mona Sahlin am Wochenende.

Nicht nur aus den Gewerkschaften, sondern auch aus dem bürgerlichen Regierungslager mehren sich Stimmen, die ebenfalls eine vorübergehende Verstaatlichung fordern. Sie kommen vor allem von Abgeordneten aus Wahlkreisen mit Autoindustrie oder davon abhängigen Zulieferfirmen. Finanzminister Anders Borg sagt einerseits Nein, will andererseits aber „grundsätzlich keine Alternative ausschließen“. Der konservative Regierungschef Fredrik Reinfeldt lehnt die Forderung bislang ab. Eine Verstaatlichung sei ein leichtsinniger und zu riskanter Umgang mit Steuergeldern. Der Staat sei mangels Kompetenz kein guter Eigentümer und die Autofirmen sollten lieber ihre Produkte auf Modelle umstellen, die auch Käuferinteresse finden.

Doch das ist jedenfalls kurzfristig leichter gesagt als getan. Volvo war von der Konzernmutter Ford in den letzten Jahren vor allem auf den Bau von Staatsjeeps und anderen durstigen Limousinen für den US-Markt ausgerichtet worden. Mittlerweile verfolgt man zwar eine andere Modellpolitik. Doch noch 2005 wurde ein zukunftsträchtiges Biogasmodell vom Markt genommen. Ein Drei-Liter-Auto und einen Hybrid hatte Volvo schon Anfang der Neunzigerjahre zur Serienreife entwickelt. Realisiert wurden diese Modelle jedoch nie.

Der linke Ökonom Sten Ljunggren befürwortet eine Verstaatlichung. Allerdings nicht, um den jetzigen Automobilproduzenten Volvo am Leben zu erhalten, sondern um diesem Zeit für eine Umstellung zu geben: die seiner Automobilproduktion auf Biogas- oder Elektroantrieb. Und für die Erweiterung der Produktpalette auf andere Technik, wie beispielsweise Wellenkraftwerke und andere alternative Energieerzeugung.

Auch Oppositionsführerin Sahlin will eine mögliche staatliche Übernahme von einer Neuausrichtung der Forschungs- und Entwicklungsarbeit abhängig machen. Das Kapital dafür will sie aus dem größten staatlichen Pensionsfonds und aus den Töpfen der EU-Strukturfonds nehmen.

Auch der Lkw-Hersteller Volvo könnte sich an der Rettung des Pkw-Herstellers Volvo beteiligen. Die beiden haben seit dem Verkauf der Pkw-Sparte an Ford 1999 nur noch den Namen gemeinsam. Nun schloss der Vorstandsvorsitzende des Lkw-Produzenten, Finn Johnsson, eine Beteiligung an einem staatlichen Rettungspaket nicht mehr aus.