Schlechte Regelungen für Green-Card-Besitzer

Fischer zeichnet akademische Immigranten aus. DAAD-Generalsekretär Bode fordert, das Zuwanderungsgesetz zu verabschieden oder für Akademiker Arbeitserleichterungen auf dem Verordnungsweg zu erreichen

BERLIN taz ■ Zum Beispiel Axel Ngonga Ngomo. Als er mit 15 Jahren in Buea (Kamerun) sein Abitur in der Tasche hatte – Ngonga hatte mehrere Klassen übersprungen –, wollte er weg aus Kamerun. Er ging nach Leipzig, „weil mich die deutsche Sprache faszinierte“. Jetzt ist aus dem Teenie ein junger Mann von 20 Jahren geworden. Er beginnt gerade seine Promotion an der Universität Leipzig – der jüngste Doktorand, den die Uni jemals hatte. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) wird das Wunderkind am Montag zusammen mit 14 weiteren zugewanderten Studenten und Doktoranden begrüßen. Fischer ehrt Ngonga und die anderen stellvertretend für Zuwanderer, die wegen ihres intellektuellen und gesellschaftlichen Engagements als beispielhaft für 230.000 ausländische Studierenden gelten. Die Preisträger sind zugleich Symbole – für die bürokratischen Hürden, mit denen Zuwanderern das Leben schwer gemacht wird.

„Wir brauchen endlich ein vernünftiges Zuwanderungsgesetz“, sagt Christian Bode. Der Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) weiß nicht, ob er lachen oder weinen soll. In Berlin traf sich gestern zum xten Male eine Unterkommission des Bundesrats – eigentlich, um das Zuwanderungsgesetz verabschiedungsreif zu machen. Aber die Sitzung wurde wegen der Hamburg-Wahl erneut als Nullsitzung markiert – (siehe Kasten).

Also ärgert sich Bode darüber, dass junge Leute wie Ngonga Spitzenleistungen erbringen müssen, obwohl Vorschriften sie reglementieren. Die Preisträger sind keine Stipendiaten des DAAD, sie haben den Austauschdienst also nicht hinter sich.

Läppische 90 Tage darf ein ausländischer Student beziehungsweise Studentin im Jahr arbeiten, mitreisende Eheleute dürfen es nicht. Selbst bei den Preisverleihungen bekommen engagierte Zuwanderer oft diese Passage einer Laudatio zu hören: „Der Student freut sich auf einen guten Abschluss – und darauf, wieder in seine Heimat zurückkehren zu können. Bode kann es wütend machen, „dass wir eine Green-Card-Regelung haben, die für Hochqualifizierte wie eine zeitlich verzögerte Abschiebeverfügung aussieht.“ 95 Prozent der teilweisen absurden Beschwernisse im Ausländerrecht könnten unterhalb des Gesetzes beseitigt werden. Die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung etwa, so Bode, müsste für Akademiker lediglich als „im öffentlichen Interesse liegend“ definiert werden. Oder dem Ehegatten dürfte die Arbeit nicht verboten, sondern müsste grundsätzlich ermöglicht werden, wie es in den USA üblich ist. Die Frau eines künftigen Professors wird dort in der Regel gefragt: Brauchen Sie einen Kitaplatz? Welchen Job können wir Ihnen anbieten?

Das alles ließe sich notfalls auch ohne Gesetz regeln, und zwar mit Erlassen oder Verordnungen. Dazu gehörte auch, die Begrenzung der Joberlaubnis zu verändern, beispielsweise die Zeitberechnung auf Stunden-, statt auf Basis von Tagen zu organisieren. Damit würde nicht für zwei Stunden Kellnern nach Behördenlogik ein ganzer Arbeitstag verbraucht. „Die 90-Tage-Regelung wirkt wie eine Kriminalisierung – denn wer mehr braucht, wird in die Schwarzarbeit abgedrängt.“

Doktoranden wie Szilvia Lengl (31) können ein Lied davon singen. Sie kam als 19-jähriges Au-pair nach Deutschland und promoviert nun in Augsburg. Lengl finanziert ihre Dissertation als Telefonistin, Briefträgerin und durch andere Jobs. Sie weiß, was ein Zuwanderungsgesetz verändern würde. Es würde die Antwort auf die Gretchenfrage erleichtern, mit der sich die Gäste Deutschlands oft quälen: „Wie lange bleibt man hier eigentlich Ausländer?“ CHRISTIAN FÜLLER