hauptstadt-union
: Doch keine schnelle Wahl

Chaos, Dissens, Unüberlegtheit – kurz CDU. Das Bild, das die ehemalige Regierungspartei Berlins zurzeit abgibt, ist das einer überwiegend und am liebsten mit sich selbst beschäftigten Partei. Das ist nicht verwunderlich, denn nachdem die Union durch Misserfolg und Wahlniederlage zunächst in der wohl verdienten Bedeutungslosigkeit versank, entwickelte sich das, was bis dahin kein Thema war: ein Machtvakuum. Erneuerung und Generationswechsel? Fehlanzeige. Dass der mit Frank Steffel vollzogen sei, diese Schönrederei überzeugte wohl nur Steffel selbst. Hinter den Kulissen tobt daher ein Machtkampf, das zeigt das Ränke-und-Intrigen-Spiel um die Nachfolge Stölzls als Landeschef.

Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF

Da wird ein Kandidat von seinen politischen Gegnern nominiert, ein anderer wird zum möglichen Bauernopfer und ein Königsanwärter zum freiwilligen Selbstverstümmler. Im Klartext: Peter Kurths Name wurde von Michael Braun in den Ring geworfen, ein Mann, der selbst Ambitionen auf die Chefsessel hat – ein beliebter Weg, einen Konkurrenten kaltzustellen. Der als künftiger CDU-Generalsekretär gehandelte Kai Wegener ist in Berlin bekannt für wenig tolerante Ansichten – er wäre kaum mehrheitsfähig. Und der mögliche Stölzl-Nachfolger Joachim Zeller, einer der beliebtesten Unions-Spitzenpolitiker, zudem als Ostberliner des alten Filzes unverdächtig, gibt sich ohne Not als loyaler Unterstützer des unbeliebten Steffel. All dies fördert nicht den Eindruck, in der Hauptstadt-Union gehe es neuerdings demokratisch oder gar geordnet zu. Alte Fehler, so die Moral, sind jünger, als manche denken.