black on blair von RALF SOTSCHECK
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Morgen wird er 50, aber er freue sich kein bisschen darüber, sagt Tony Blair. Während manche Männer auf ihr fortschreitendes Alter mit Trunksucht, Depressionen oder jungen Liebhaberinnen reagieren, bombardiert der britische Premierminister lieber irgendwelche Länder. So hat jeder seine eigene Art, mit der Midlife Crisis umzugehen.

Gestern brachte die BBC ihm ein Geburtstagsständchen. Der Staatssender strahlte einen 60-minütigen Film aus, in dem Wähler, Parteifreunde und der ehemalige US-Präsident Bill Clinton lobhudeln durften. Höhepunkt der grässlichen Geburtstagsfeier war der Auftritt Cilla Blacks. Sie hat genau drei Wochen nach dem Premierminister Geburtstag, allerdings wird sie 60. Als Blair in die Oberschule kam, begann Black im Cavern Club in Liverpool ihre Karriere als Sängerin. Ihre Vorgruppe waren die Beatles. In Wirklichkeit heißt sie übrigens Priscilla White – ein Name, mit dem man im Showgeschäft nichts werden kann, dachte sie und nahm den extravaganten Bühnennamen „Black“ an.

In den letzten Jahren moderierte Frau Schwarzweiß die Sendung „Blind Date“, ein harmloses Vergnügen, in der ein Mann und eine Frau zusammengebracht werden. Da sich die Paare bei der Berichterstattung eine Woche später jedoch zunehmend mit Gehässigkeiten überhäuften, setzte das Fernsehen die Sendung ab. Das sei nichts mehr für unsere saubere Cilla, meinte der Sender.

Der Guardian kommentierte die Sache auf seine Art. In der Beilage gab es einen langen Artikel über die mieserablen Umgangsformen im Fernsehen. Die einzige Ausnahme sei Cilla Black, die unter all den rüden Moderatoren wie eine Klosterschülerin wirke. Die Gestaltung der Titelseite seiner Beilage überließ der Guardian der Künstlerin Gillian Wearing, und die ließ die Seite weiß – bis auf einen hingekritzelte Graffito: „Fuck Cilla Black.“ Es hagelte tausende von Anrufen und Briefen empörter Leser. „Es ist lustig, weil Cilla Black die letzte Person wäre, zu der man ‚fuck you‘ sagen würde“, verteidigte sich Wearing. „Man kann sich gar nicht vorstellen, die Worte ‚Cilla‘ und ‚fuck‘ in einem Satz zu verwenden.“

Black ist so nonnig, dass es den Boulevardblättern ein Aufmacher wert war, als sie voriges Jahr beim königlichen Varieté ein Lied aus dem Musical „Gypsy“ vortrug, in dem eine alte Stripperin dem Nachwuchs Tipps gibt. Am Ende des Liedes streckte sie ihren Hintern in die Luft und entblößte ein blinkendes Neonherz. Ach, Cilla.

Umso erstaunlicher war Blacks Auftritt bei Blairs Geburtagsständchen. Im Stile Marylin Monroes, die 1962 für ihren Liebhaber John F. Kennedy im Madison Square Garden mit erotisch vibrierender Stimme „Happy Birthday To You“ sang, hauchte Cilla Black das Lied gestern für den Premierminister. Allerdings war Black züchtiger angezogen als Monroe, und Kennedy – was immer man auch von seiner Politik halten mag – hatte im Gegensatz zu Blair eine gewisse Ausstrahlung. Als Liebhaber käme Blair für Black ohnehin nicht in Frage. Sie sagte: „Blair ist jung.“ Was sie nicht sagte: „Fuck Tony Blair.“