Alles auf einem Zettel

Bremens Finanzsenator Nußbaum legt Thesen für eine große Steuerreform vor

Bremen taz ■ Ulrich Nußbaum, Bremens parteiloser Finanzsenator, hat sich mit einem eigenen Papier in die bundesweite Steuerreform-Diskussion eingemischt. Auch ihm geht es um eine radikale Vereinfachung des Steuer-Systems, gleichzeitig macht er sich für eine „international wettbewerbsfähige Besteuerung der Unternehmen“ stark. Die Bürger sollen auf einem Zettel ihre Einnahmen und Ausgaben aufschreiben können, soweit sie für die Steuer relevant sind, erläuterte Nußbaum. Das System soll so einfach sein, dass die Finanzämter diese Angaben nur in Stichproben überprüfen müssen. Schummler können sich nicht mehr auf die Komplexität der Steuererklärung berufen und werden hart bestraft.

Da das Steuersystem derzeit nicht durchschaubar sei, werde es auch nicht als gerecht empfunden, sondern gelte den meisten als „unbequeme und unbegründete Last“, so Nußbaum. Steuervermeidungsstrategien bis hin zur Steuerhinterziehung seien die Folge. Das „Selbstveranlagungsprinzip“, darauf verweist der Finanzsenator, werde in den USA und in den Niederlanden erfolgreich praktiziert. In den USA würden nur 1,7 Prozent der Einkommensteuer-Erklärungen überprüft, für die Verwaltung gingen nur 0,5 Prozent der Steuereinnahmen drauf. In Deutschland aber fresse das aufwändige System 1,5 Prozent der gezahlten Steuer als Verwaltungskosten.

Zwei Drittel der Arbeitskapazität der Finanzämter würden nicht zur Steuerfestsetzung, sondern für „veranlagungsbegleitende Arbeiten“ aufgewendet. Das „Bescheinigungswesen“ könnte man drastisch reduzieren, findet Nußbaum. Die Vielzahl der Ausnahmeregelungen sollte durch wenige Pauschalen ersetzt werden. Die „Folgerichtigkeit des Steuersystems“ solle deutlicher werden, das derzeitige System sei – im Bemühen um „übertriebene Einzelfallgerechtigkeit“ – undurchsichtig.

Besonders krass sieht das Verhältnis zwischen Steuerbürokratie und Einkommenssteuer aus: Während im Jahre 2002 138 Milliarden Euro Lohnsteuer bezahlt wurden, lag der Ertrag der Einkommenssteuer bei nur 7,5 Milliarden Euro. Für die Bearbeitung der vielen Ausnahme-Regelungen der Einkommenssteuer würden aber doppelt so viel Arbeitskapazität im Finanzamt benötigt wie für die Lohnsteuer.

Die Finanzämter sollen gleichzeitig von der „Begleitbürokratie“ der Unternehmenssteuern entlastet werden. Dass durch die Vereinfachung große Steuerreinnahmen ausbleiben könnten, sieht Nußbaum nicht als Problem: Allein der „Umsatzsteuerbetrug“ werde derzeit auf 14 bis 17 Milliarden Euro beziffert. Wirksame Maßnahmen gegen den Steuerbetrug könnten die entstehenden Löcher wieder füllen. Bei den Unternehmenssteuern befürwortet Nußbaum vor allem eine „Senkung“ und setzt auf positive Effekte bei den Investitionen, wenn „investiv eingesetztes Einkommen“ nicht versteuert werden müsste. Insgesamt sollte das Unternehmenssteuer-Recht den international üblichen Regelungen stärker angepasst werden. kawe