Kleinvieh macht auch Mist

Morgen beginnt der erste große Prozess gegen zwei zentrale Figuren des Bankenskandals: die Aubis-Manager Wienhold und Neuling. Es geht zwar nicht um Milliardenkredite, aber um 800.000 Euro

VON RICHARD ROTHER

Würden alle Mühlen so langsam mahlen wie die der Berliner Justiz – Mehl wäre wohl längst Mangelware und unbezahlbar. Mehr als drei Jahre nach dem Beginn der Parteispenden- und Bankenaffäre stehen nun morgen zwei zentrale Figuren vor Gericht. Die beiden Manager der Immobilienfirma Aubis, Klaus Wienhold und Christian Neuling, sowie zwei Mitangeklagte müssen sich vor dem Berliner Landgericht wegen Betrugs verantworten. Bei dem Mammutverfahren, für das zunächst 17 Verhandlungstage angesetzt sind, geht es aber nicht um die millionenschwere Kreditvergabe der Bankgesellschaftstochter Berlin Hyp an Aubis – eines der zentralen Problemfelder des Bankenskandals. Hier sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.

Der Prozess, der morgen vor der 19. Großen Strafkammer beginnt, ist eher ein Nebenprodukt der Ermittlungen im eigentlichen Skandal. Den Angeklagten wird Betrug beziehungsweise versuchter Betrug zu Lasten der Berlin Hyp und ihrer Tochtergesellschaften zur Last gelegt. Der geschätzte Schaden: 800.000 Euro. Die Summe mutet klein an – angesichts der Milliardenschäden, die der Bankenskandal für das Land Berlin verursachte.

Das Grünen-Mitglied im Banken-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses, Barbara Oesterheld, findet den jetzt beginnenden Prozess dennoch richtig. „Kleinvieh macht auch Mist.“ Den Verantwortlichen des Bankenskandals juristisch beizukommen, sei ohnehin schwierig genug. Wenn man etwas in der Hand habe, müsse man das auch nutzen. „Einen großen Prozess zu Aubis oder der Bankgesellschaft wird es ohnehin nicht geben.“

Im Kern des Verfahrens geht es um die Übernahme von Aubis-Wohnungen durch die Berlin Hyp, die eine der drei Säulen der Bankgesellschaft ist. Problematisch waren dabei die Verträge zur Wärmeversorgung der ostdeutschen Plattenbauwohnungen, die Aubis zuvor mit Hilfe von Berlin-Hyp-Krediten übernommen hatte, nun aber auf Grund wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht mehr halten konnte. Die Energiefirma, die E.-GmbH, soll nämlich überhöhte Preise für ihre Wärmelieferungen an die Aubis-Wohnungen abgerechnet haben. Darüber sollen Wienhold und Neuling die Bank getäuscht haben.

Ein lukratives Geschäft. Mit den überhöhten Preisen, die die Bank zahlte, ließen sich Gewinne erwirtschaften, die laut Vorwurf an die Aubis-Manager einsteckten. Zwischen Januar und September 2000 soll der Berlin Hyp so ein Schaden von 800.000 Euro entstanden sein. Doch damit nicht genug: Da die Wärmelieferungsverträge eine lange Laufzeit hatten, soll insgesamt ein Schaden von 15 Millionen Euro gedroht haben.

Ende 2000 legte die Engergie-Firma sogar noch eine Schippe drauf. Weil die Tochtergesellschaften der Bank die Zahlung für die Wärmelieferung teilweise eingestellt hatten, erhob sie im November Klage vor dem Landgericht Leipzig. Das Ziel: angeblich ausstehende Zahlungen in Höhe von rund 950.000 Euro eintreiben. Dieser Zivilrechtsstreit ist noch nicht abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft legt den vier Angeklagten hierbei versuchten Betrug zur Last.

Der Aubis-Manager Klaus Wienhold ist vor Gericht kein Unbekannter. Im Oktober vergangenen Jahres verurteilte ihn das Amtsgericht Tiergarten wegen gemeinschaftlichen Betrugs zu einer Geldstrafe von 50.000 Euro. Neuling und seine Lebensgefährtin hatten nach Ansicht des Gerichts rund 2.000 Mieter von Plattenbauwohnungen durch falsche Betriebskostenabrechnungen um insgesamt 20.000 Euro betrogen.

Beim eigentlichen Aubis-Skandal dauern die Ermittlungen nach Angaben einer Justizsprecherin aber noch an. Dabei gehe es um Kreditvergaben an die Firma Aubis in Höhe von bis zu einer halben Milliarde Euro. Hier seien 16 Personen beschuldigt, überwiegend Verantwortliche der Berlin Hyp. Einen Prozesstermin gebe es noch nicht.

Der ehemalige CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky hatte 1995 eine Barspende von Aubis-Managern in Höhe von 40.000 Mark erhalten und diese partei-intern nicht ordnungsgemäß verbucht. Zeitnah gewährte die Berlin Hyp, deren Chef Landowsky zum damaligen Zeitpunkt war, der Immobilienfirma Aubis Millionenkredite zur Sanierung ostdeutscher Plattenbauwohnungen – obwohl das Aubis-Geschäft nach Expertenmeinung nicht seriös kalkuliert war.