Filmschnipsel statt Staub

Nicht nur Papier: Beim zweiten „Tag der Archive“ stellen sich fünfzehn Bremer Archive vor – ein Bruchteil nur von all den Sammlungen, die in der Stadt und an der Universität zu finden sind

taz ■ Archiv – bei dem Wort bekommt man so ein staubiges Gefühl in der Nase, ein leises Frösteln rieselt den Rücken herunter: Papierstapel in vergilbten Aktendeckeln und Ordnern türmen sich in einem winkeligen, neonbeleuchteten Keller.

Dass es nicht überall so zugeht und welche spannenden Geschichten sich etwa im Raumfahrthistorischen Archiv, im Landesfilmarchiv oder im Bildarchiv Alltagsgeschichte im Waller Brodelpott aufspüren lassen, das wollen diese und zwölf andere Bremer Dokumentations-Orte am kommenden Wochenende (9. bis 11. Mai) unter Beweis stellen. Der 11. Mai, Geburtstag der jüdischen Schriftstellerin Rose Ausländer, war ursprünglich der „Tag der Frauenarchive“. Jetzt öffnen an dem Wochenende zum zweiten Bremer „Tag der Archive“ aber historische Fundgruben querbeet ihre Pforten, zeigen etwa mittelalterliche Stadturkunden, das erste „Lehrbuch für Steinsetzer“ oder wackelige Filmbilder vom Kaiserbesuch im Jahr 1900.

„Fünfzig Archive könnte es in Bremen geben“, sagt Günther Rohdenburg vom Staatsarchiv und nennt diese Schätzung „konservativ“. Er ist Mitinitiator des Bremer „Tags der Archive“. Auch er aber kennt nicht alle Dokumentationsstellen in der Stadt. Die engagierten SammlerInnen und BewahrerInnen der 15 beteiligten Archive wollen sich auch untereinander näher kommen: Etwa welche Datenbank gut funktioniert oder wie man alte Fotos am besten der Nachwelt erhält. „Berührungsängste gibt es Gott sei Dank überhaupt keine“, sagt Rohdenburg.

Nicht alle Regale und Ordner sind an allen Tagen zu besichtigen: Am Freitag stellen sich das Landeskirchliche Archiv, das Zentrale Universitäts-Archiv und das Raumfahrthistorische Archiv mit Führungen vor. Auch das Informations- und Dokumentationszentrum Freizeitwissenschaften, das Archiv für Lebenslauf-Forschung und das vielleicht etwas bekanntere Staatsarchiv sind am Freitag geöffnet. Das Landesfilmarchiv zeigt am selben Tag in Bremen-Nord alte Filmschnipsel und stellt die Videowerkstatt vor. Im Frauenarchiv von Belladonna haben Männer ausnahmsweise auch mal Zutritt.

Am Samstag stellen sich das Dokumentationszentrum Blumenthal, das Studienzentrum für Künstlerpublikationen, das Archiv der sozialen Bewegungen und das Brodelpott-Archiv vor, mit Führungen und mit einer Lesung über das „Lyzeum des Westens“.

Der Arbeitskreis Arster Geschichte und Belladonna spazieren am Sonntag durch geschichtsträchtige Straßen: Mit Belladonna geht es um halb zwei los zur „Bremer (Un)Freiheit“ des Frauenlebens im 17. Jahrhundert. Um 15 Uhr startet der historische Rundgang durch Alt-Arsten von der Arster Kirche aus. Begleitend gibt es noch bis Ende Mai zwei Ausstellungen: „Brücke zwischen gestern und morgen. Arbeit und Angebot des Staatsarchivs“ (ebendort) und „Archivsplitter“ im Neuen Museum Weserburg: Leihgaben aus den einzelnen Bremer Archiven haben die Museums-Macher vom Teerhof thematisch nahen künstlerische Arbeiten gegenübergestellt. ube

Das vollständige Programm unter www.bremer-archive.de oder im Staatsarchiv unter ☎ 0421 - 361-44 52.