pilotprojekt osterholz-tenever: ein gespräch
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taz: Wie konnten sich die damaligen Bauexperten so irren?Bernd Bluhm, Abteilungsleiter beim Senator für Bau: Irren ist relativ. Es gab in den frühen 70ern einen breiten Konsens darüber, dass das Konzept Tenever richtig ist. Es ging um Verdichtung, um Urbanität auf kleinem Raum. Das Experiment ist aus vielen Gründen gescheitert: Wir haben hier das Bremer Haus als eine tief verwurzelte Wohnform – vor diesem Hintergrund sind Neuheiten schwierig. Übrigens war die Hochhaussiedlung Tenever ja auch ein Gegenentwurf zur Gartenstadt Vahr mit ihren breiten, grünen Zwischenräumen. Und genau das stellen wir jetzt in Tenever durch den Rückbau her.

Joachim Barloschky, Stadtteilgruppe Tenever: Wenn man die Leute vorher gefragt hätte, die da wohnen sollten, dann wäre die Tenever-Siedlung vielleicht so nicht entstanden. Aber es gab auch Warnungen damals, die überhört wurden. Der Bau der Hochhäuser stützte sich ja unter anderem auf die Prognose, dass aus Bremen eine 800.000-Einwohner-Stadt wird.

taz: Im Kessler Block, der nächstes Jahr abgerissen wird, sollten 100 allein erziehende Mütter mit ihren Kindern wohnen – ist das nicht eine absurde Idee?Barloschky: Das Stichwort heißt „Service-Wohnen“. Oben sind die Wohnetagen, unten versammeln sich Dienstleistungen. Es sollte das Leben erleichtern.

Bluhm: Die Blöcke sollten ein Substrat der Stadt sein.

taz: Auch wenn jetzt ein Teil abgerissen wird – es bleibt eine Hochhaussiedlung am Rand der Stadt. Woher nehmen Sie die Hoffnung, dass das Quartier in Zukunft funktionieren wird?Barloschky: Wir schöpfen natürlich Hoffnung daraus, dass die Bewohner ihre Positionen in den jetzigen Umbau deutlich einbringen. Es bleibt aber schwierig. Wir wollten dort ja eigentlich einen horizontalen Abbau, also weniger Geschosse, das rechnet sich aber wohl nicht. Ansonsten: Ob ein Quartier funktioniert, ist nicht in erster Linie eine Frage des Städtebaus. Wenn die Jugendlichen Leerstellen hätten und die Ausländer genügende Integrationsangebote, dann hätte ich auch im jetzigen Zustand keine Probleme mit den Hochhäusern.

Bluhm: Woraus man auch die Lehre ziehen muss, dass Stadtumbau die ganze Politik – von der Schulpolitik über die Innenbehörde bis zur Sozial- und Umweltpolitik – betrifft und betreffen muss. Interview: hey