Warm, kalt, offen, geschlossen

Ole von Beust hat gewonnen, weil er ein Hanseat ist. Gut, dass niemand weiß, was das bedeutet

Hamburg taz ■ Ole von Beust, so hört man allenthalben, habe seine Popularität dem Umstand zu verdanken, dass er so hanseatisch sei, die SPD hat sich ihre Niederlage dagegen selbst zuzuschreiben: Einfach zu unhanseatisch. Wobei sich die Frage stellt: Hanseatisch, was ist das eigentlich? Kurze Antwort: Das bedeutet – alles. Und wenn man alle Charaktereigenschaften besitzt, die es auf dieser weiten Welt gibt, dann ist man ganz bestimmt ein guter Bürgermeister.

Thomas Mann ist immer eine gute Quelle: „Hanseatisch ist die besonnene Bürgerlichkeit, ist die Standhaftigkeit, die die Freiheit selber ist.“ Bei der Sportswear-Marke Warm Sports glaubt man aber: „Hanseatisch bedeutet schlichte Farben, klare Linien, elegante Schnittführung, funktionale Stoffe, höchste Qualität und Langlebigkeit.“

Solide, zuverlässig, unterkühlt, liberal, zurückhaltend, steif, weltoffen, abgeschlossen, korrekt, verbindlich, protestantisch, welfisch, näselnd, diskret, freundlich, reserviert, britisch, preußisch, kühl, warm, pikiert, schlicht, ungestüm – der Hanseat scheint demnach ein rechtes Chamäleon zu sein, wenn man die diversen Bedeutungen, die diesem Attribut bei einer kleinen Stichwortsammlung im Internet zugeschrieben werden, aufsammelt. „Echt hanseatisch trägt man den Pelz innen und die klassiche Perlenkette außen, auch wenn die Jeunesse doree das nicht mehr so eng sieht“, verrät uns das Städteporträt Hamburg bei Yahoo.

Der Hamburger Autor Matthias Wegner hat auf immerhin 459 Seiten in seinem Buch „Hanseaten“ eine kluge Analyse geleistet. Und der Hamburger Kunsthistoriker Hermann Hipp stellt definitiv fest: „Der Begriff des Hanseatischen bildet ein Syndrom an Ideologemen, Tugenden und Charaktereigenschaften.“ Heißt im Klartext: „Dabei bleibt sein Gehalt recht unscharf.“ PETER AHRENS