Teures Coaching

Wer sich selbstständig macht, bekam bisher Berater-Rechnungen bezahlt. Jetzt dreht das Amt den Geldhahn zu

Bremen taz ■ Wer sich als Arbeitsloser selbstständig machen will, wird von der Agentur für Arbeit unterstützt. Bisher zählte in Bremen auch ein so genanntes Coaching dazu – eine betriebswirtschaftliche Beratung, Anregung, Kritik von Beratern zu dem jeweiligen Gründungsunternehmen. Coach-Rechnungen bis zu einer Höhe von 4.600 Euro durften die Gründer in spe bisher an die Agentur für Arbeit weiterreichen. Damit ist jetzt Schluss, vorerst. Dem Amt fehlt das Geld. „Aber wir arbeiten dran“, sagt Agentur-Sprecher Jörg Nowag, „Mitte des Jahres stellt sich die Situation hoffentlich besser dar.“

Rund 2.800 Menschen haben im letzten Jahr den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt, aus der Arbeitslosigkeit heraus. Rund zwei Drittel nahmen Unterstützungsleistungen des Amts in Anspruch, bekamen das Überbrückungsgeld oder machten sich selbst zur amtsgeförderten Ich-AG. Diese Gruppe konnte ihre Coaching-Rechnungen ans Amt weiterreichen. „Aber dabei handelt es sich um eine Kann-Leistung“, betont Sprecher Nowag.

Und um eine Leistung, die offenbar nicht immer im Sinne der Agentur für Arbeit erbracht wurde. „Es gibt Hinweise auf Mitnahme-Effekte im vergangenen Jahr“, erklärt Sabine Kettler, die in der Agentur für Arbeit das Coaching organisiert. Was sie zurückhaltend ausdrückt, sagen andere drastischer: „Da ist viel Schmu gemacht worden“, verraten Eingeweihte. Soll heißen: Leistungen wurden abgerechnet, die mit Coaching nichts zu tun hatten. Arglose und hilfesuchende Existenzgründer sind auf Möchtegern-Coaches reingefallen. Derzeit erarbeite man Qualitätsstandards, deren Einhaltung Voraussetzung dafür ist, dass die Agentur für Arbeit Coaching weiterhin finanziert, so Kettler.

Zu Coaching „gehören alle Maßnahmen, die darauf abzielen, Ressourcen und Potenziale bei meinem Gegenüber zu erkennen und zu fördern mit dem Ziel, dass alles, was zur Führung eines Unternehmens notwendig ist, erarbeitet wird“, sagt Franziska Meyer, im Coaching ausgebildete Beraterin von der Beratungsstelle Frau und Beruf (ZIB), die Neugründerinnen auf die Füße hilft – oder davon abrät.

Inzwischen hat die Agentur für Arbeit eine Überbrückungslösung organisiert. Mit Unterstützung von Handels- und Handwerkskammer und mit der Hilfe des Vereins Bremer Senior Service habe man auf Ehrenamts-Basis einen vorübergehenden Ersatz geschaffen, so Agentursprecher Nowag. Der Bremer Senior Service ist ein Zusammenschluss von rund 50 ehemaligen Führungskräften der Wirtschaft, die nun ihr Know-how dem Nachwuchs zur Verfügung stellen. In der Agentur für Arbeit bieten sie jeden zweiten Monat eine Sprechstunde an. sgi