Zeitarbeit bleibt ein Geschäft

Maatwerk ist pleite, doch die anderen PSA-Betreiber machen fröhlich weiter. Die einen setzen auf Größe, die anderen auf regionale Kompetenz. Der billige Verleih von Arbeitslosen ist weiter rentabel

VON WIBKE BERGEMANN

„Der Berliner Markt ist nicht schlecht für Zeitarbeit“, sagt der Vorstand des Personaldienstleisters BBJ Consult, Ralf Grimpe. Wie viele andere Betreiber von Personal-Service-Agenturen (PSA) ist auch Grimpe daran interessiert, zusätzliche Standorte in der Stadt zu übernehmen. Denn die Insolvenz von Maatwerk ist keineswegs der Vorbote für einen Bankrott der gesamten Branche. Im Gegenteil: Nach der Pleite des größten PSA-Trägers in Berlin freut sich die Konkurrenz nun über neue Aufträge.

Seit Mai 2003 stellte Maatwerk in Berlin rund 2.000 Arbeitslose befristet an, um sie durch Leiharbeit oder durch direkte Vermittlung in Beschäftigung zu bringen. Doch das Konzept der PSA ging für Maatwerk nicht so auf, wie die Hartz-Reformen versprachen: Lediglich 748 Jobsuchende konnte Maatwerk in Berlin dauerhaft vermitteln.

Seit der holländische Arbeitsvermittler Insolvenz angemeldet hat, stehen rund 1.200 ehemalige Arbeitslose wieder auf der Straße. Per Ausschreibung suchen die Berliner Arbeitsämter nun nach neuen Anbietern, um die Betroffenen möglichst schnell wieder in einer PSA unterzubringen.

Unter den Interessenten ist auch die bbw Dienstleistungsgesellschaft, die bereits zwei PSA in Berlin betreibt. Geschäftsführerin Katharina Buchholz-Hoffmann kann sich vorstellen, eine weitere PSA zu übernehmen, allerdings nur für gewerblich-technische Arbeitnehmer. Im Gegensatz zu den Hilfsarbeitern erzielt bbw bei dieser Zielgruppe schon jetzt eine Verleihquote von rund 50 Prozent – der Schnitt der Berliner und Brandenburger PSA liegt bei 24 Prozent. „Man muss verleihen, sonst kann man nicht überleben“, sagt die Geschäftsführerin und spricht damit ein großes Problem bei Maatwerk an.

Tatsächlich sind die PSA als geförderte Zeitarbeitsfirmen konzipiert. Auch Langzeitarbeitslose sollen auf diese Weise wieder einen Job finden, die Dumping-Preise machen’s möglich. Die Niederländer versuchten dagegen, ihr Konzept der reinen Arbeitsvermittlung, das sie mit Sozialhilfeempfängern erfolgreich umsetzten, auch auf die PSA zu übertragen. Eine Fehleinschätzung, wie sich schnell herausstellte: Dem Unternehmen entgingen die Einnahmen aus der Leiharbeit. Erst nachträglich stieg Maatwerk in die Leiharbeit ein. „Plötzlich sollten wir Unternehmen akquirieren“, erzählt eine Mitarbeiterin. „Man kann aber nicht von heute auf morgen eine Zeitarbeitsfirma aus dem Boden stampfen.“

Für das Geschäft braucht man Kontakte, meint auch Volker Westphal, Geschäftsführer von a&d. Vor dem PSA-Geschäft bot a&d Schulungen im Bereich Elektrotechnik und IT an. Ein PSA-Betreiber müsse die Branche kennen und wissen, mit welchen Unternehmen in der Region er zusammenarbeiten kann, so der Unternehmer.

Möglicherweise wird sich Westphal, der bislang zwei PSA in Berlin betreibt, nun um eine der frei gewordenen PSA bewerben. „Noch eine dritte dazu, mehr nicht“, betont Westphal. „Wir sind ja nicht größenwahnsinnig – was wie eine Anspielung auf Maatwerk klingt: Das Unternehmen hatte innerhalb von neun Monaten mehr als 200 PSA in Deutschland aufgebaut. Und sich damit offenbar schlichtweg übernommen.

Größe muss kein Hindernis sein, glaubt dagegen Reiner Dilba, Geschäftsführer bei Salo + Partner, die bundesweit 20 PSA betreiben. Das Unternehmen kann Leiharbeiter in größeren Mengen zur Verfügung stellen und das regionale Nachfragegefälle ausgleichen: Da werden bei Bedarf auch 10 Lagerarbeiter aus Berlin in München eingesetzt.

Und insofern ist Berlin kein schlechter Markt für die Zeitarbeit: Neben den Vorteilen eines Ballungsraums haben Zeitarbeitsfirmen kein Problem mit dem Angebot – dank der hohen Arbeitslosigkeit.