Das Ende der Konsumgesellschaft

Die Ostberliner Konsumgenossenschaft geht endgültig in die Insolvenz. Der Insolvenzverwalter will das Unternehmen sanieren, statt es zu zerschlagen. Ein Gutachten zweifelt aber an dessen Neutralität

VON DANIEL SCHULZ

Die Konsumgenossenschaft Berlin geht endgültig in Insolvenz. Laut Insolvenzverwalter Wolfgang Schröder sind alle Bemühungen gescheitert, sich mit den Gläubigern zu einigen. Deren Interessen seien zu gegensätzlich, sagte Schröder.

Zahlungsunfähig ist Konsum bereits seit Oktober 2003 (die taz berichtete). Die Genossenschaft schuldet Banken 111 Millionen Euro. Demgegenüber steht ein Umsatz von etwas mehr als 30 Millionen Euro. Ende Februar sollte Konsum 5,5 Millionen Euro an seine Gläubiger zahlen, hatte aber nur knapp 2 Millionen Euro auf dem Konto.

Ob die 190.000 Mitglieder der Genossenschaft ihre Einlagen jetzt wiedersehen, ist unklar. Schröder sieht im erfolgreichen Sanieren der Genossenschaft den „einzigen Weg, den Anteilen wieder Wert zu verleihen“.

Den Konsum-Vorstand erreichte die Nachricht vom Insolvenzverfahren unerwartet: Pressesprecher Frank Tetzel bekam sie von einem Journalisten. „Überrascht sind wir nicht“, sagte Tetzel dennoch. Alles sei auf eine Insolvenz hinausgelaufen. 16 der bisher 30 Genossenschaftsmitarbeiter werden ihre Arbeitsplätze vorerst behalten.

Innerhalb der Genossenschaft gibt es Misstrauen gegenüber dem Insolvenzverwalter. „Die vielen Immobilien des Konsum wecken natürlich Begehrlichkeiten“, sagt ein Insider. Schröder hat während der Insolvenz Gesellschafterstatus und damit weitreichende Vollmachten. Schröder-Sprecher Christoph Möller sagte zu solchen Mutmaßungen: „Die Insolvenz war fällig, die Frist war abgelaufen.“ Und Schröder wolle sanieren, nicht verkaufen.

Die Zweifler sehen sich durch ein Gutachten eines Chemnitzer Unternehmensberaters bestätigt, das der taz vorliegt. Der hatte im Auftrag des – wegen der verlustreichen Geschäfte in der Kritik stehenden – Konsum-Vorstandes alternative Finanzierungsmöglichkeiten untersucht. Das Ergebnis: Diese gäbe es durchaus. Das Insolvenzverfahren jedoch vernichte „sicher das Kapital der Genossenschaftsmitglieder zu Gunsten der Gläubiger und des Insolvenzverwalters“. Darüber hinaus spekuliert das Gutachten sogar über „Interessenverbünde“ zwischen Insolvenzverwalter Schröder und der Bankgesellschaft Berlin, einer Gläubigerin. Schröder war für eine Stellungnahme dazu nicht mehr zu erreichen.

Die Genossenschaft besaß die einzige Supermarktkette der DDR. Nach der Wende verdiente sie ihr Geld in Berlin vor allem mit dem Vermieten von Kaufhallen an Supermärkte und Einzelhändler. Diese Häuser hatten in den vergangenen Jahren mehr und mehr an Wert verloren, sodass 2002 ein Verlust von knapp 80 Millionen Euro in der Bilanz stand.