Manieren wie die Axt in Tasmaniens Walde

Holzkonzern Gunns vernichtet Baumbestand mit brutalen Methoden. Auch Deutsche Bank hält Gunns-Aktien

HOBART/AUSTRALIEN taz ■ „Ich wollte sie nicht alle töten. Die ersten zwei Wochen fütterten wir den Tieren die unbehandelten Karotten. In der dritten Woche, vergiftete der Boss die Karotten und machte uns klar, dass wir uns hinterher vergewissern sollten, ob wirklich alle tot waren.“

Der das sagt, ist ein nicht namentlich genannter Mitarbeiter von Gunns Ltd., Tasmaniens größtem Holzverarbeitungskonzern. Im Gespräch mit der Australian Financial Review erzählt er von den Methoden einer Industrie, die sich selbst als eine moderne, dynamische und expandierende Branche darstellt. Um junge Baumplantagen zu schützen, werden Pflanzen und Tiere – vornehmlich Wallabys, Wombats und Possums –, die als Schädlinge in Frage kommen, systematisch vergiftet.

Mit einem Marktanteil von 85 Prozent ist Gunns hauptverantwortlich für die aggressive Abholzung von Regenwäldern und bis zu 400 Jahre alten Hartholzbäumen auf Tasmanien. Allein im vergangenen Jahr hat Gunns 4,5 Millionen Tonnen Holzspan aus tasmanischen Wäldern exportiert. „Das entspricht fast zwei Dritteln der gesamten Ausfuhr an Holzspan aus Australien“, sagt Leanne Minshull vom Umweltschutzverband Wilderness Society mit Sitz in Tasmaniens Hauptstadt Hobart. Schon heute sind von den einzigartigen Hartholzwäldern der Insel nur noch 13 Prozent übrig.

Das Thema hat längst das australische Festland erreicht. Denn Gunns Ltd. steht für einen der größten Erfolge am australischen Aktienmarkt der letzten Jahre. In Zeiten weltweit zusam-menbrechender Indizes hat die Gunns-Aktie seit Mitte 2000 ihren Wert verfünffacht.

So ist es kein Wunder, dass längst auch internationale Investoren das Unternehmen mit Sitz im tasmanischen Launceston entdeckt haben. Die Deutsche Bank hielt bis Mai 2002 zehn Prozent der Anteile an Gunns und gehörte damit zu den größten Anteilseignern.

Mittlerweile jedoch spüren insbesondere die Großbanken Gegenwind. So musste sich die australische Commonwealth Bank auf ihrer letzten Hauptversammlung mit einer Resolution auseinander setzen, die von Aktionären mit insgesamt 125 Millionen Gunns-Aktien mitgetragen wurde – einem Viertel der Anteile, die die Bank hält. Die Forderung: Die Bank als Großaktionär möge ihren Einfluss auf das Unternehmen geltend machen. Die wohl größte Aktionärsrevolte in der australischen Wirtschaftsgeschichte zeigt erste Wirkung. Seit Jahresbeginn haben sich mehrere Kreditinstitute – unter ihnen auch die Deutsche Bank – von Teilen ihrer Aktienpakete getrennt. Nach Informationen der australischen Börse in Sydney hält die Deutsche Bank derzeit jedoch immer noch über vier Prozent der Aktien an Gunns. In der Zentrale der Bank in Frankfurt war man auf Anfrage jedoch zu keiner Auskunft bereit.

MARTIN VOGELSANG