Marx und die Partisanen vom Amur

PDS-Chefin Zimmer glaubt, dass ihre Partei noch lebt, weil Karl Marx nicht tot ist. Ihr Vize Dehm fordert die Journalisten zum Untergrundkampf in ihren Konzernen auf. Und alle beide wollen plötzlich einen Sonderparteitag – für den letzten Showdown

aus Berlin JENS KÖNIG

Wer ist schuld daran, dass die PDS kurz vorm Abgrund steht: a) die bösen Medien? b) die bösen Medien? c) die bösen Medien? d) die bösen Medien? Richtig, die bösen Medien. „Ich weiß, dass Ihr Herz links schlägt“, sagt der stellvertretende PDS-Vorsitzende Diether Dehm gönnerhaft zu den Journalisten, die vor ihm sitzen. „Aber da gibt es ja noch Holtzbrinck, Springer oder das ZDF, die nicht wollen, dass Sie so über uns schreiben, wie Sie wollen.“ Also fordert Dehm die Journalisten auf, sich „in ihren Konzernen als Partisanen zu betätigen“. Sie sollen helfen, die tollen PDS-Strategiepapiere der Welt bekannt zu machen. Verdient haben das die Papiere ganz sicher.

In einer dieser Analysen stellt der ehemalige Fraktionschef Roland Claus mitleidslos fest, dass sich nicht mal mehr das Kabarett für die PDS interessiere. Das hat einen guten Grund: Die PDS selbst ist mittlerweile Kabarett. Die gestrigen zwei Pressekonferenzen Karl-Liebknecht-Haus in Berlin waren großes Theater.

Auftritt eins, 13.00 Uhr: Gabi Zimmer, die PDS-Vorsitzende, blass. Im Vorstand hat sie keine Mehrheit mehr, die Orthodoxen bekämpfen sie, die Reformer versuchen sie hinter den Kulissen zum Rücktritt zu bewegen. Und was macht Zimmer? Redet geschlagene zehn Minuten über den 185. Todestag von Karl Marx! Ihre, nun ja, Hauptthese: Marx lebt, und die PDS ist genauso lebendig. Dann geht’s nahtlos über zur Krise der PDS. Mit ihrem Stellvertreter Diether Dehm und dem Bundesgeschäftsführer Uwe Hiksch könne sie nicht weiterarbeiten. Unüberbrückbare politische Differenzen. Der Parteivorstand solle zurücktreten und den Weg für einen Sonderparteitag frei machen. Warum sie nicht einfach zurücktrete, wird Zimmer gefragt. „Das könnte ich machen, aber davon allein findet noch kein Sonderparteitag statt“, sagt sie. Und ein Rücktritt als Eingeständnis ihres Scheiterns? „Ja, der kommt für mich in Frage“, sagt Zimmer. Und bleibt im Amt.

Auftritt zwei, 14.00 Uhr: Dehm und Hiksch, kraftstrotzend. Sie spielen jetzt selbst Partisanen. Partisanen vom Amur, die in einem alten Arbeiterlied besungen werden. Sie feuern eine volle Breitseite auf ihre Parteivorsitzende: Bitte schön, wenn sie einen Sonderparteitag wolle, dann könne sie ihn kriegen. Rücktritt? Kommt für sie nicht in Frage, sagen Hiksch und Dehm. Ein Vorstand könne nicht kollektiv zurücktreten. Immer schön auf die Statuten achten, warnt Dehm und kündigt an, bis zur „letzten juristischen Sekunde“ im Amt zu bleiben. Außerdem würden sie auf dem Sonderparteitag um die Mehrheit in der PDS kämpfen.

Wenn Harald Schmidt davon erfährt, wird er auf dem Sonderparteitag live auf Sendung gehen.