In leuchtender Sorge

Fürs Paula Becker Museum geschaffen: Mit einem blauen Schriftband hat Jenny Holzer die Verbindung von malerischem Werk und Architekturvision virtuell in die Zukunft verlängert. Jetzt fehlt nur noch ein bisschen Geld

Passen Sie jetzt gut auf. Der folgende Satz ist eine Provokation. Also: Es gibt eine Verbindung zwischen Jenny Holzer und Paula Modersohn Becker. Schockt Sie nicht? Macht nichts. Der Nutzwert des Satzes liegt darin, dass sich mit ihm snobistische Kunstkenner verunsichern lassen. Die, die immer alles wissen in Sachen Bildende Kunst.

„Wirklich die Jenny Holzer?“, werden jene zweifelnd zurückfragen, denn die, geboren 1950 in Gallipolis, Ohio gilt als derzeit wichtigste Künstlerin der USA. Das Museum of Modern Arts zählt ein Werk von ihr zu den „Highlights“ seiner Sammlung, und das Guggenheim Museum ließ sich seine Rotunde von ihren gelben und roten Leuchtschriftbändern auskleiden. „Jenny Holzer und die gute Paula? Unmöglich!“

Aber nein, das ist so, können Sie dann antworten – ganz gelassen. Weil’s stimmt. Der Beweis findet sich im Treppenhaus des Paula Modersohn Becker Museums. Bislang allerdings nur als unscheinbarer Laserprint. Der zeigt: Ein Foto des Treppenhauses des Paula Modersohn Becker Museums. Und vertikal durch dessen Schnecke sticht ein Textband mit LED-Buchstaben. Zwar in Blau, aber zweifellos von Jenny Holzer.

Bereits der Farbwechsel ist eine Spur der Auseinandersetzung. Denn das Blau hat Holzer den architektonischen Visionen Bernhard Hoetgers entlehnt: Es sei „die ursprüngliche Farbe der Glasbausteine des Paula-Hauses“, so der Direktor der Kunstsammlungen Böttcherstraße, Rainer Stamm.

Die Installation wäre endlich ein dauerhaftes Symbol für den Weg in die Zukunft, den das PMBM unter seiner Leitung angetreten hat: Sowohl mit der aktuellen „Double Bind“-Schau als auch mit den zuvor gezeigten Porträt-Fotos von Rineke Dijkstra wird das Werk der Namenspatronin mit aktuellen Positionen konfrontiert. So lässt sich fürs Museum die Gefahr ausschließen, als heimatkundliche Gedenkanstalt für Sponsorentum um 1900 zu verdämmern. Und sich beweisen, dass Paulas Oeuvre noch lebt.

Vor zwei Jahren hatte Stamm deshalb Holzer nach Bremen eingeladen. Sie kam – und war fasziniert. Auch, weil sie in Hoetger, der 1929 ein Patent für bewegliche Leuchtbuchstaben angemeldet hatte, einen unerwarteten Vorläufer ihrer LED-Zeichen-Kunst entdeckt haben mag. Nicht weniger aber von Paula Becker: „Mother and Child“ heißt auch eine der wichtigsten Installationen der Amerikanerin. Die schreibt sie mit ihrem Entwurf fürs Museum fort: In blaues Licht gebannte Sätze unruhiger Sorge, die das Treppenhaus vom Dach zum Parterre durchteilen würden. Eine notwendige Standortbestimmung fürs Museum. Fast 200.000 Euro wird sie kosten. Eine Hälfte des Geldes habe die Stuftung wohnliche Stadt zugesagt, so Stamm. Die andere fehlt noch. Das muss sich ändern. bes