Die Ruhe vor dem Abriss

Was lange vor sich hin schimmelte, wird endlich gut: Gestern wurde der Masterplan für einen Umbau der Hochhaussiedlung Tenevers vorgestellt. Bereits Anfang April soll das erste Gebäude abgerissen werden

Bremen taz ■ Die neue Wohnung im siebten Stock hatte sich das Ehepaar Behrens so richtig schön eingerichtet, mit breiteren Fensterbänken, Glastüren und einer neuen Einbauküche – „so wie eine Eigentumswohnung“, sagt Frau Behrens. Seit 18 Jahren lebt die Sechzigjährige mit ihrem Mann in Tenever, vor anderthalb Jahren sind sie innerhalb ihres Hochhausblocks umgezogen. Vom Dritten in den Siebten, und da wollten sie auch eigentlich erstmal bleiben. Doch das Gebäude wird abgerissen, als Teil des mit öffentlichen Mitteln finanzierten Stadtumbau-Projektes, dessen Rahmendaten gestern vorgestellt wurden.

Anfang April diesen Jahres soll mit den 230 Wohnungen des Kessler-Blocks der Anfang gemacht werden. 2008 sollen von derzeit 2.649 Wohnungen in ganz Tenever nur noch 1.885 vorhanden sein. Bereits jetzt sind in vielen Gebäuden nur ein Drittel oder die Hälfte der Wohnungen belegt. Abgerissen werden allerdings nur Gebäude, die früher dem Pleite gegangenen Bauunternehmer Lothar Krause gehörten und vor einem Jahr nach der Zwangsversteigerung von der Osterholz-Tenever Grundstücksgesellschaft (OTG) gekauft wurden, einer gemeinsamen Projektgesellschaft des privaten Wohnungsunternehmens Gewoba und des stadteigenen Betriebes BIG (Bremer Investitionsgesellschaft). Die übrigbleibenden knapp 700 Wohnungen will die OTG bis 2008 nacheinander modernisieren. Vorgestellt wurde gestern auch der Entwurf für eine Umgestaltung der Außenanlagen. Kleine private Gärten sind darin vorgesehen statt der jetzt tristen Höfe, dunkle Ecken sollen verschwinden und die Hochhäuser baumgleich aus einer Parklandschaft ragen. Die Stellen, die nach dem Abriss brachliegen werden, bis es einen Investor für eine weitere Nutzung gibt, könnten nach den Plänen der Landschaftsarchitektin als Parzellengärten angelegt werden. Eine Moschee ist im Entwurf ebenso eingeplant wie ein Russisch-Orthodoxes Zentrum, doch über die Umsetzung der Pläne sollen die Bewohner entscheiden – und das Geld.

72 Millionen Euro stehen für das Projekt zur Verfügung, das Land hat sich mit rund 31 Millionen Euro beteiligt, außerdem schießt das Bundesbauministerium Geld zu, da Tenever als Modellfall gilt für weitere Rück- und Umbauten von Hochhaussiedlungen in der alten Bundesrepublik. Im Zuge des „Stadtumbaus West“ soll Tenever außerdem ein neues Image gewinnen, weg von der Schmuddelsiedlung am Rande der Stadt. „Wir wollen bestimmte Milieus hier nicht mehr haben“, sagt etwa BIG-Chef Ulrich Keller. Die schick gestaltete Zeitschrift „Quartierblick – es geht voran“ und eine Homepage sollen über den Fortgang der Maßnahmen informieren.

Eine Hochhaussiedlung wird es allerdings bleiben, doch das stört die Bewohner wenig. Viele von denen, die jetzt dort wohnen, fühlen sich als Teneveraner und wollen bleiben, und wenn sie aus „ihrem“ Block rausmüssen, dann ziehen sie eben um wie die Behrens. Gestern haben die sich schon einmal die Musterwohnung in der Pirmasenser Straße angesehen. 57 Quadratmeter, genau wie ihre alte.

Eiken Bruhn

Weitere Informationen und Übersichtskarten: www.otgrund.de