Das Leben genießen

Für Robert Moll, 18, sind Görlitz und Zgorzelec keine geteilte Stadt mehr. Er möchte hier bleiben

Görlitz, das ist für Robert Moll die geliebte Heimatstadt. Obwohl er erst 18 Jahre alt ist, genießt er hier das Leben. Er verbringt so wenig Zeit wie nötig in der Schule und mit den Hausaufgaben und so viel Zeit wie möglich mit seinen Freunden in den Görlitzer Kneipen. Fast jeden Tag ist hier etwas Interessantes los, oft spielen die Bands live.

Auch Zgorzelec ist für Robert kein unbekannter Ort. In Zgorzelec kauft er seine Zigaretten, hierher kommt er auch mit seinen Eltern zum Einkaufen. Außerdem fährt er manchmal mit seinem besten Freund nach Zgorzelec, um die Spiele der dortigen Basketballmannschaft anzuschauen. Auf der polnischen Seite der Neiße spielen sie einfach besser als auf der deutschen.

Polen ist Robert nicht fremd. Anders als die meisten seiner Altersgenossen geht Robert nicht nur rüber über die Grenze, sondern reist auch weiter hinein nach Polen. Mit seinen Eltern zum Beispiel war er bereits mehrmals an der Ostsee, Urlaub machen. Auch in Krakau war er schon, in Auschwitz und zum Skilaufen in den Bergen. Robert hat unter Polen zwar keine Freunde, aber Bekannte schon, vor allem in der Schule.

Robert sagt, er habe keine Vorurteile gegen Polen. Er sagt aber auch, dass es schon Unterscheide gebe zwischen den beiden Kulturen. Polnische Mädchen seien zum Beispiel etwas anders als ihre deutschen Altersgenossinnen. „Sie scheinen mehr erwachsen zu sein“, sagt er.

Wird die Erweiterung der Europäischen Union Görlitz helfen? „Der Handel und die Wirtschaft werden bestimmt davon profitieren“, sagt Robert, „obwohl viele den Anstieg der Arbeitslosigkeit fürchten. Einige sagen auch, dass polnische Kriminelle und Korruption nach Deutschland kommen werden.“

Ob er selbst etwas gewinnen oder verlieren würde, weiß er nicht. Eher nicht. Aber das wäre auch nicht so schlimm. Seine Eltern sind Lehrer, finanziell ist die Familie also gut abgesichert. Und schon jetzt fühlt sich Robert in seiner Grenzstadt ganz im Mittelpunkt. Er hat keine Lust, Görlitz zu verlassen, zumindest vorerst nicht. Deswegen will er hier an der Hochschule erst mal Kommunikationspsychologie studieren.

Später, sagt er, wird er wegen des Mangels an Arbeit wahrscheinlich auswandern müssen.