Die Bilder des andern

Was denken die Görlitzer, dass die Polen von ihnen denken?

„Seit 25 Jahren habe ich drei polnische Freunde, mit den ich mich sehr gut verstehe. Die sagen, die Deutschen sind zu genau und dass wir früher, vor der Wende, geselliger waren. Jetzt sagen sie, dass wir egoistischer geworden sind und dass uns dieser Charakterzug nicht steht. Sie sagen auch, dass bei uns ein eigenes Auto mehr wert ist als die eigene Frau. Ich muss ihnen leider teilweise Recht geben. Die Gesellschaft wird jetzt vom Kapitalismus geprägt. Davor waren alle sozial abgesichert.“

„Die Polen denken, dass wir arrogant sind, dass wir uns für etwas Besseres, Größeres halten. Ich denke aber, dass es nicht wahr ist. Die Deutschen sind vor allem freundlich, fetzig, lustig.“

„Sie denken, wir sind alle reich, diszipliniert, fleißig und wir spielen besser Fußball. Ich glaube schon, dass wir fleißig und diszipliniert sind. Wichtig ist es aber, dass wir letztens immer mehr arbeiten, um zu lachen, und nicht nur, um weiter arbeiten zu können.“

„Wir sind für die Polen der Westen, so eine Art Geldinsel. Deutschland ist in vielen Hinsichten ein Vorbild für sie. Sie halten uns aber auch für unsympathisch und hochnäsig. Es ist schwer zu sagen, wie wir wirklich sind, aber ich denke, dass wir im Vergleich mit anderen Nationen nachdenklicher, ordentlicher, pünktlicher und sauberer sind. Zu unseren Nachteilen gehört es, dass wir uns im Ausland sehr oft laut verhalten.“

Was denken die Zgorzelecer, dass die Deutschen von ihnen denken?

„Sie denken, dass wir Diebe und Säufer sind. Wenn wir etwas besser als sie machen, können sie es nicht glauben. Ich denke, dass Polen ganz anders sind, als es sich die Deutschen vorstellen. Ich denke, wir sind offen, freundlich, neugierig und ausdauernd.“

„Die Deutschen denken, dass wir alle Diebe sind. Andererseits ehren sie uns wegen der Ereignisse des Zweiten Weltkrieges. Sie schätzen auch polnische Fachleute, weil bei uns die Universitäten besser sind. Aber das nutzen sie aus, wir sind für sie billige Arbeitskräfte. Ich denke, dass wir Polen ein bisschen abergläubisch und intolerant sind. Und ein bisschen faul. Wir möchten einen Haufen Geld haben, ohne dafür richtig zu arbeiten.“

„Ich glaube, die Deutschen haben eine positive Einstellung zu uns. Wenn sie können, helfen sie uns. Ich denke selbst, dass unser Nationalcharakter nicht zu den gemütlichsten gehört. Wir sind oft bösartig. Zum Beispiel ist es unglaublich schwierig, etwas bei den Behörden zu erledigen.“

„Die Deutschen denken, dass wir Diebe und billige Arbeitskräfte sind, eine Art weiße Schwarze. Sie können auch bei uns billig einkaufen. Kurz gesagt: Sie haben ein gutes Leben mit uns. Ich denke selbst, dass es bei uns unterschiedliche Menschen gibt. Gute, schlechte, tolerante und intolerante.“

   NOTIERT VON KASIA SZEŁEMEJ