„Mal kreativ sein!“

Fernsehsender und Zeitungen sind von Anzeigenkunden abhängig – und umgekehrt. Mediaexperte Thomas Koch über Werbemarkt und Tankstellen

INTERVIEW STEFFEN GRIMBERG

Mediaplaner sind die Herren der Reklame: Sie verwalten die Werbe-Etats der Unternehmen und entscheiden, welche Werbung wo platziert wird – und sorgen so für die wesentlichen Umsätze bei Zeitungen, Zeitschriften und im privaten Rundfunk.

Herr Koch, was blüht den Anzeigenkunden, wenn es zur weiteren Konzentration im deutschen Zeitungsmarkt kommt?

Thomas Koch: Nichts. Lassen Sie es mich vergleichen mit dem Fernsehen. Da machen wir schon lange – ARD und ZDF spielen ja kaum mehr eine Rolle – den gesamten Umsatz mit gerade mal zwei Anbietern: den Vermarktern der RTL-Gruppe und von ProSiebenSat.1. Als dieses Duopol entstand, gab es Befürchtungen, dass die beiden Vermarkter ihre Stellung ausnutzen und Druck auf die Preise machen. Aber das ist nicht passiert.

Weil die Sender blöd sind?

Das ist eine interessante Frage.

Oder lag’s am Markt?

Die Kräfteverhältnisse haben sich nicht verändert. Wer das Geld hat, hat das Sagen. Allerdings hat mich das schon überrascht, da hatte ich mit mehr Gegenwehr gerechnet.

Zurück zu den Zeitungen …

Da sehe ich Probleme wirklich eher für den Lesermarkt, nicht für die Anzeigen. Wir haben diese Konzentrationsprozesse durchgemacht bei anderen Medien – gerade eben noch bei der Plakatwerbung –, ohne dass es negative Auswirkungen für unsere Kundschaft hatte.

Gilt das denn auch für lokale Anzeigenkunden wie Handwerker oder kleine Läden? Die bedienen sich ja keiner Mediaagentur.

Stimmt. Die Zeitungen haben da riesige Außendienste, die von Kunde zu Kunde ziehen. Da läuft der Wettbewerb über den Preis. Aber in den meisten Städten und Kreisen haben Sie ja heute sowieso nur noch eine lokale Zeitung.

Die ihr Monopol ausnutzt?

Nein, am Ende ist immer noch der Kunde entscheidend.

Deshalb also gehen so viele Regionalverlage am Stock und klagen bitterlich!

Die klagen nicht. Ich werde nicht noch mal hergehen und den Zeitungen den Untergang prophezeien. Jedes Mal wenn ich das gemacht habe, hat’s denen die Taschen gefüllt. Jetzt gerade ist es der Handel, alleine durch Aldi, Lidl & Co. Die bekriegen sich mit immer häufigeren und größeren Anzeigen – und so steigen die Umsätze der Regionalzeitungen in einem Feld, wo’s niemand geglaubt hatte.

Zieht der Werbemarkt auch insgesamt wieder an?

Da bin ich skeptisch. Die Werbung wird 2004 weiter stagnieren – jedenfalls wenn man sich die Zahlen für Januar und Februar anschaut. Das mag sich im Laufe des Jahres etwas verbessern. Aber wir reden auch dann höchstens über ein Prozent plus, nicht über acht bis zehn Prozent, wie es früher war.

Die Zeitungen werden also weiter entlassen …

Gott bewahre. Sollen wir noch mal die Hälfte der Redaktion rausschmeißen? Wenn jemand so was plant, bedeutet das für mich nur, dass ich hier keine ernsthaften Kaufleute vor mir habe, die tatsächlich nach neuen Erlösquellen suchen.

Ihre Lösung?

Lasst uns mal ein bisschen kreativ sein! Die Tankstellen haben auch irgendwann gemerkt, dass man mit Benzin allein kein Geld verdienen kann. Aber wir haben immer noch Tankstellen. Also: Es gibt auch für die Zeitungen eine Zukunft. Sie suchen nur an der falschen Stelle.