Etwas mehr Ruhe an der Handy-Front

Weil Mobilfunkindustrie besser informiert, nehmen Konflikte um Funkmasten ab. Blauer Engel für Handys boykottiert

BERLIN taz ■ Die Konflikte um die Errichtung neuer Sendemasten für den Mobilfunk haben deutlich an Schärfe verloren. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) und der Umweltmanagementexperten von BAUM.

Die Gutachter hatten den Auftrag, die freiwillige Selbstverpflichtung der Mobilfunkbetreiber zu überprüfen. Die hatten vor gut zwei Jahren zugesagt, Kommunen und Bürger an der Aufstellung der Sendemasten zu beteiligen. Bis dahin waren die Masten, für deren Aufbau keine Genehmigung nötig ist, ganz im Stillen errichtet worden – und hatten zum Teil erbitterten Widerstand ausgelöst.

Inzwischen aber diagnostizieren die Gutachter eine „hohe Kooperationsbereitschaft“ bei Mobilfunkern wie Kommunen. Für Difu und BAUM sind die Kontroversen kein „unerwünschter Störfall der technischen Innovation“, sondern Teil eines „sinnvollen Diskurses über die Ausgestaltung“. Allerdings erführen die Anwohner oft viel zu spät von den Sendemasten.

Das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, führe viel häufiger zu den Konflikten als Angst vor Strahlen. Vor allem in kleinen Gemeinden und in den neuen Bundesländern würde die Aufstellung oft verschwiegen – und somit eine Eskalation provoziert. Runde Tische seien nur hilfreich, wenn sie gut vorbereitet würden, betonen die Gutachter. Vor allem die Kommunen müssten die Bürger besser informieren, weniger die Industrie.

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) kritisierte in diesem Zusammenhang, dass jede Kommune das Thema auf eigene Weise angehe. Stattdessen sollten alle Beteiligten sich auf ein transparentes Verfahren für die Standortwahl einigen, das alle Gemeinden anwenden können.

Auch die Strahlung der Handys ist Thema das Gutachtens: Zwar stellen die Hersteller inzwischen Informationen über Strahlenwerte zur Verfügung. Verkäufer seien aber meist nicht in der Lage, die Kunden aufzuklären. Umweltminister Jürgen Trittin kritisierte, dass die Hersteller den Blauen Engel für strahlungsarme Geräte noch immer boykottierten, obwohl ein Drittel aller Handys die Kriterien bereits erfülle. MATTHIAS URBACH