Premier gefeuert

Der algerische Präsident schickt seinen stärksten Konkurrenten um das höchste Staatsamt in die Wüste

MADRID taz ■ Was tun, wenn ein Regierungschef zu mächtig wird? Entlassen. So entschied am Montag Algeriens Präsident Abdelasis Bouteflika. Er enthob Premierminister Ali Benflis nach knapp drei Jahren seines Amtes und zog damit einen Schlussstrich unter monatelange Streitereien. Und besser noch: Er entledigte sich so kurzerhand eines starken Rivalen. Denn Benflis, Vorsitzender der ehemaligen Einheitspartei FLN, wird aller Voraussicht nach im kommenden Jahr gegen Bouteflika als Kandidat um das Amt des Staatschefs antreten.

„Die Scheidung ist vollzogen“, titelte die frankophone algerische Tageszeitung Liberté fast schon erleichtert. Denn seit März füllen die beiden Politiker die Schlagzeilen der algerischen Presse. Tiefe Gräben trennen die beiden. Während Abdelasis Bouteflika (66) für eine schnelle Privatisierung der staatlichen Industrie eintritt, hielt ihm Benflis (57) immer wieder die Forderung nach der „sozialen Marktwirtschaft“ entgegen. Der Regierungschef verhinderte vor allem die Privatisierung der Erdölindustrie, die über 90 Prozent der Staatseinnahmen ausmacht. Benflis will einen langsamen Übergang zur Marktwirtschaft, der die soziale Lage des Landes nicht noch weiter verschärft.

Doch es war der letzte Parteikongress der FLN, der die Beziehung der beiden Männer am meisten zerrüttete. Vom überwältigenden Sieg bei den Parlaments- und Kommunalwahlen gestärkt, sorgte Benflis dafür, dass auf dem Parteitag nicht darüber debattiert wurde, ob die FLN 2004 einmal mehr die Kandidatur von Bouteflika unterstützen wird. Alles deutet darauf hin, dass Benflis selbst als Kandidat antreten wird. Jetzt geht es darum, wer die Unterstützung der Armee für sich gewinnen kann. Durch die Amtsenthebung erhofft sich Bouteflika Vorteile im Vorfeld der Wahl.

„Bouteflika und Benflis, das ist eine algerische Version von Cäsar und Brutus. Der Staatschef hat weniger als ein Jahr vor den Wahlen seinen ehemaligen Mann des Vertrauens wegen Verrat verurteilt“, kommentiert die frankophone Al-Watan.

Bouteflika hat dafür gesorgt, dass ihm kein weiterer Premierminister über den Kopf wächst. Nur wenige Stunden nach der Entlassung von Benflis ernannte er Achmed Ouyahia (51) zu dessen Nachfolger. Der Technokrat war bereits einmal von 1995 bis 1998 Regierungschef. Beliebt war er nie. Denn zu offensichtlich hatte seine Nationale Versammlung für Demokratie (RND) die Wahlen per Betrug gewonnen. Ouyahia steht einer schwachen Regierung vor. Denn seit dem letzten Urnengang 2000 verfügt die RND nur noch über 48 Abgeordnete. Benflis’ FLN hält im Parlament mit 199 Abgeordneten die absolute Mehrheit.

REINER WANDLER