Rechnungshof outet Senats-Schlamperei

Rechnungshof kritisiert schonungslos Bremer Finanzgebaren. Fehlende Kontrolle überall: „Das darf jemand, der kein Geld hat, sich nicht erlauben“

Bremen taz ■ Wenn der Präsident des Rechnungshofes seinen Jahresbericht vorstellt, dann bedeutet das für den Senat stets Hagelschauer. Was ist schlimmer – die in dem Bericht stichprobenartig aufgedeckte Schlamperei in der Verwaltung oder die „politische Tricksereien“ des Senats? „Beides“, antwortete Lothar Spielhoff bei der gestrigen Präsentation des Berichts. Der Haushalt 2004 werde „allenfalls rechnerisch“ verfassungskonform sein, meinte Spielhoff. „Massive Verletzungen“ gab es zum Beispiel bei den Zuwendungen, die der Rechnungshof diesmal besonders unter die Lupe genommen hat. Am Anfang würden die Ziele nicht klar definiert, die nächste Rate werde überwiesen, bevor überhaupt Verwendungsberichte vorlägen und die würden normalerweise nicht überprüft – „ein Morast“, so Spielhoff. Verletzung des Budgetrechtes des Parlaments, „an allen Ecken und Enden“ fehlende Kontrolle – kurz: „Das darf jemand, der kein Geld hat, sich nicht erlauben.“

Ein anderes Beispiel: das Sozialressort zahlt für die Sozialhilfeempfänger Krankenkassenbeiträge auf der Grundlage des dreifachen Sozialhilfesatzes. Viel zu viel, hat der Rechnungshof im Jahre 2001 moniert. Zunächst habe das Sozialressort, das die überhöhte Summe vertraglich vereinbart hatte, Ausreden gefunden. Im vergangenen Jahr schließlich wurden die Verträge gekündigt. Eine ernsthafte Begründung für die überhöhten Zahlungen habe er nie gehört, erklärte der Rechnungshof. Einsparvolumen pro Jahr: eine Million Euro.

Eines der Kernthemen des Rechnungshofes, der im Auftrag des Parlaments das Haushaltsgebaren der Exekutive prüfen muss, ist immer wieder die Bewertung der Haushaltslage insgesamt. Auch in früheren Berichten war schon deutlich worden, dass die Kontrolleure die Erfolgsaussichten der Sanierungspolitik skeptisch beurteilen. Jetzt rückt der Tag näher, an dem der Senat einen verfassungskonformen Haushaltsentwurf für 2005 vorlegen muss. „Allenfalls rechnerisch“ könne das im Juni gelingen, formulierte Spielhoff, wenn nämlich Bremen 540 Millionen Euro als gesicherte Einnahmen auf den Kanzlerbrief buche. Ob Geld komme, stehe bislang in den Sternen. Wobei eine ehrliche Rechnung zudem ein noch viel größeres konsumtives Defizit bei den laufenden Ausgaben, die nach Haushaltsrecht nicht aus Krediten finanziert werden dürfen, ergeben würde: So verbuche der Senat sogar die Kosten für die Sail 2005 als „Investition“, Impulsgelder und WIN-Mittel würden als „Investitionen“ behandelt. 20 Prozent der Hochschul-Investitionen seien in Wirklichkeit konsumtive Ausgaben. Schließlich sei es nach dem Haushaltsrecht unstatthaft, Zinszahlungen als Investition zu deklarieren und mit neuen Krediten zu finanzieren. kawe

Der 236 Seiten starke Rechnungshofbericht steht unter www.bremen.de/rechnungshof