Vom Frisiersalon ins Ingenieurbüro

Am morgigen „Girls’ Day“ wollen Arbeitgeber und Gewerkschaft junge Frauen für klassische Männerberufe begeistern

BERLIN taz ■ Nichts hindert ein Mädchen daran, sagen wir mal, Verfertigungsmechanikerin zu werden. Ausbildungsplätze gibt es, anders als in vielen anderen Lehrberufen. Wenig spricht dagegen dafür, sagen wir mal, Friseurin zu werden. Giftige Dauerwelldämpfe, heiße Fönluft, ewiger Smalltalk und weniger Stellen als Bewerbungen.

Trotzdem meiden Mädchen typische Jungsberufe, so gut es geht. Gasinstallateurin beispielsweise möchte nicht einmal ein Prozent aller Mädchen werden. Dafür drängeln sich über die Hälfte aller Berufsanfängerinnen um nur zehn Lehrberufe. Arzthelferin, Fachverkäuferin, Friseurin stehen an der Spitze.

Der Gleichklang, mit dem Mädchen auf die Frage nach ihrem Berufswunsch antworten, bringt selbst im heißen Mai der Sozialreformen Gewerkschaften und Arbeitgeber zusammen. Am morgigen Donnerstag kämpfen sie gemeinsam gegen die einseitige Berufswahl der Mädchen. Die sollen sich Technik anschauen, mit Ingenieurinnen sprechen und Vorurteile abbauen. „Girls’ Day“ nennt sich das.

Der Arbeitgeberverband verspricht sich die Lösung des Fachkräftemangels in technischen Berufen, die Gewerkschaften wollen die Arbeitslosigkeit in den begehrten nichttechnischen Berufen bekämpfen. DGB, Unternehmen und Behörden bieten 3.645 Veranstaltungen an, 84.000 Mädchen werden erwartet. Viel mehr als beim ersten Aktionstag vor zwei Jahren, als nur 39 Unternehmen mitmachten.

Als die Beteiligten das Projekt gestern vorstellten, klang aber auch Skepsis durch. Der Vorstandsvorsitzende des teilnehmenden Unternehmens Hewlett-Packard sprach davon, dass die Zahl der Fachinformatikerinnen im Unternehmen abnehme – trotz der 50-Prozent-Quote des Unternehmens.

Renate Schmidt sagte, nur ein „männlicher“ Beruf habe es in die Top 25 der weiblichen Berufwünsche geschafft: Mediengestalterin. Allerdings klingt der Job auch nicht so sehr nach Technik und stark nach der „weiblichen“ Kompetenz Kommunikation. Die drei Schülerinnen, die von ihren Erfahrungen beim letztjährigen „Girls’ Day“ erzählen sollten, fanden die Jobs Hausmeister, Programmierer und Chemiker „sehr lustig“. Aber sie wollen doch lieber etwas „Kreatives“ machen, etwas, das „mit Menschen zu tun hat“.

In den nächsten drei Jahren soll der „Girls’ Day“ trotzdem ausgeweitet werden. Auf Boys. Einzelne Projekte gibt es schon, in denen Jungs Mädchenberufe kennen lernen können. Allerdings konzentrieren sich Jungen nicht auf ganz so wenige Berufe. Um die zehn begehrtesten scharen sich nur ein gutes Drittel.

Allerdings existiert bereits eine Aktion, bei der Jungen in Frauenberufe schnuppern. Sie hat einen weniger modernen Namen, dauert aber wesentlich länger als einen Tag. Sie heißt Zivildienst. MAREKE ADEN