Bei Verspätung garantiert Geld zurück

EU will die Rechte von Zugreisenden stärken. Passagiere sollen zum Beispiel die Hälfte des Fahrpreises erstattet bekommen, wenn ein normaler Zug eine Stunde zu spät ist. Außerdem soll die Bahn durch mehr Wettbewerb in Schwung kommen

AUS BRÜSSELTOM WEINGÄRTNER

Stundenlange Verspätungen und schlechter Service an Bord seien kein gottgegebenes Schicksal, sagte EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio gestern, sondern die Folge jahrzehntelangen Schlendrians. Nur wenn die Eisenbahngesellschaften dafür gerade stehen müssten, würden sich ihre Manager darum kümmern, die Missstände abzuschaffen – im Personen- und im Güterverkehr. Genau das will die EU-Kommission mit dem 3. Eisenbahnpaket erreichen, das sie gestern verabschiedet hat.

Danach dürfen die Bahnkunden ab 2010 einen gewissen Service erwarten, wenn sie mit der Bahn in ein anderes EU-Land fahren. Wer nicht pünktlich an seinem Bestimmungsort ankommt, soll die Hälfte des Fahrpreises zurückbekommen, wenn sein Hochgeschwindigkeitszug 30 bis 60 Minuten zu spät eintrifft. Bei mehr als einer Stunde muss die Bahn den gesamten Fahrpreis zurückerstatten. Normale Züge dürfen eine Stunde verspätet sein, bevor ein Anspruch auf Erstattung der Hälfte des Fahrpreises entsteht. Das ganze Geld gibt es erst zurück, wenn der Zug mehr als 2 Stunden zu spät eintrifft. Bei einer Reise, die fahrplanmäßig mehr als 4 Stunden dauert, dürfen es 2 beziehungsweise bis zu 4 Stunden sein.

Die Eisenbahngesellschaften müssen ihre Fahrgäste außerdem über die Verspätung informieren und sie unterbringen und verköstigen, wenn sie ihren Anschluss verpassen oder wenn ein Zug ganz gestrichen wird. Außerdem müssen sie für verlorenes oder beschädigtes Gepäck mit mindestens 1.300 Euro haften. Den Vorwurf, damit würde die ohnehin unrentable Bahn überfordert, hat die Kommissarin gestern in Brüssel zurückgewiesen. Vergleichbare Ausgleichszahlungen würden von privaten Bahnen wie dem Eurostar oder dem Thalys bereits geleistet.

Der grenzüberschreitende Personenverkehr soll mit dem 3. Eisenbahnpaket ab 2010 weiter liberalisiert werden. Im Güterverkehr gelten schon seit Mitte letzten Jahres keine Beschränkungen mehr. Zurzeit beraten Parlament und Rat über das 2. Eisenbahnpaket, nach dem der grenzüberschreitende Personenverkehr spätestens 2010 für den Wettbewerb überhaupt geöffnet würde. Mit dem 3. Paket will die Verkehrskommissarin Betreibern wie dem Thalys die Möglichkeit geben, auf dem Weg von und zur Grenze Passagiere zu befördern, die nicht über die Grenze wollen.

Das Richtlinienpaket sieht außerdem die Einführung einer europaweit gültigen Lokführerlizenz vor. Lokführer könnten dann leichter auch in anderen Ländern der EU eingesetzt werden. Mindeststandards sollen in Zukunft auch für den grenzüberschreitenden, schnellen Güterverkehr gelten. Verspätungen von mehreren Tagen seien für die gewerbliche Wirtschaft keine Geschäftsgrundlage. Nur eine bessere Bahn könne im Wettbewerb mit den anderen Verkehrsträgern Boden gutmachen, sagte de Palacio.