Wie Eichel die Kasse füllen kann

Die Steuerzahlungen von Unternehmen und Kapitalbesitzern sind deutlich zurückgegangen. Doch die neue Zinssteuer lehnen auch SPD-Linke ab

aus Berlin HANNES KOCH

Wie Deutschland saniert werden kann, scheint mittlerweile klar zu sein. Die Debatte dreht sich um die Agenda 2010 von Bundeskanzler Schröder. Ganz oben auf der Liste stehen dabei die Kürzungen beim Arbeitslosengeld und bei der Arbeitslosenhilfe. Die Union sekundiert mit dem Vorschlag, die Sozialhilfe um 30 Prozent zu senken, falls ein Bezieher einen angebotenen Job ausschlägt.

Alle diese Maßnahmen setzen bei den Staatsausgaben an. Dass die finanziellen Probleme zwei Ursachen haben – neben steigenden Kosten und auch sinkende Staatseinnahmen – wird kaum noch berücksichtigt. „Die Zeit der Einnahmen-Debatte ist vorbei“, sagt Hartmut Müller-Gerbes, der Sprecher des SPD-geführten Finanzministeriums von Nordrhein-Westfalen.

Die Reformpolitik der Bundesregierung hat damit eine Schlagseite bekommen, die die linken Minderheiten innerhalb von SPD und Grünen ebenso vehement wie erfolglos als „unsozial und ungerecht“ kritisieren. Während Bundeskanzleramt und CDU-Führung Sozialkürzungen in den Vordergrund stellen, fordern die Linken Steuererhöhungen zu Lasten der Wohlhabenden. Als Argument für ihre Schröder-Kritik führt etwa die Gewerkschaft Ver.di an, dass die Steuerzahlungen von Unternehmen und Kapitalbesitzern in den vergangenen 20 Jahren erheblich zurückgegangen seien.

Kurz nach der Bundestagswahl im vergangenen Spätherbst durften die Kanzler-Kritiker hoffen. Getrieben von ihren maroden Landesfinanzen propagierten die SPD-Ministerpräsidenten von Niedersachsen und NRW, Sigmar Gabriel und Peer Steinbrück, die Wiedereinführung der unter CDU-Kanzler Helmut Kohl quasi abgeschafften Steuer auf Vermögen über 300.000 Euro. Nach heftigen Protesten unter anderem der Unternehmerverbände legte Schröder jedoch sein Veto ein.

Als Vorschlag zur Güte bot Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) eine Reform der Besteuerung von Zinsen und Dividenden an, die den Linken entgegenzukommen schien. Wie sich bei genauerer Betrachtung aber herausstellte, verbirgt sich hinter der von Eichel propagierten Zinsabgeltungssteuer eine weitere Entlastung der Wohlhabenden. Erbost über diesen Trick, wollen es die Linken beim bevorstehenden Sonderparteitag der SPD nun wissen. „Die neue Zinssteuer lehnen wir ab“, sagt SPD-Vorständlerin Andrea Nahles. Die Chancen stehen nicht schlecht – auch wichtige Mitglieder der Bundestagsfraktion teilen die Kritik. Andere Steuerhöhungen für Kapitalbesitzer – Vermögensteuer, Erbschaftssteuer, Aktiensteuer – wird die linke Minderheit wohl nicht durchsetzen. Denn ein Argument kann die Mehrheit immer vorbringen: „Das lehnt die Union im Bundesrat sowieso ab“.