Dutroux belastet Mitangeklagte

Mutmaßlicher Kindermörder macht Pädophilennetz für Morde verantwortlich, gesteht aber Teilschuld. Alle Mitangeklagten widersprechen Dutroux’ Aussagen

ARLON dpa ■ Der mutmaßliche Kindermörder Marc Dutroux hat seine Richter mit völlig neuen Versionen zur Entführung mehrerer Mädchen überrascht und dabei seine Mitangeklagten schwer beschuldigt. Bei seiner ersten Vernehmung im Schwurgericht von Arlon bezeichnete er gestern den Angeklagten Michel Nihoul als Auftraggeber und Chef eines pädophilen Netzwerks. Der Hauptbeschuldigte im Mädchenmord-Prozess räumte ein, zwei überlebende Minderjährige sexuell missbraucht zu haben. Sein Kellerverlies für die entführten Mädchen will Dutroux aber nur angelegt haben, um die Mädchen vor „Nihouls Netzwerk“ zu schützen.

An der Entführung der Mädchen An und Eefje im Sommer 1995 waren Dutroux zufolge zwei ihm unbekannte Männer beteiligt, die sich später als Polizisten oder andere Ordnungshüter entpuppt hätten. Bisher hatten Dutroux und der Mitangeklagte Michel Lelièvre vorgegeben, die Tat allein verübt zu haben. Dutroux gab zu, mehrere Mädchen in deren Gefangenschaft sexuell misshandelt zu haben. Er habe sie aber auf Bestellung Nihouls entführt.

Dutroux Exfrau beschuldigte dagegen ihren früheren Ehemann sowie dessen ermordeten Komplizen Weinstein, die Mädchen alle selbst entführt zu haben. Auch den Mord an Weinstein lastete sie ihrem Ex-Ehemann an. „Ich sah, wie er Schlafpulver in die Butterbrote tat“, sagte sie. Weinstein wurde betäubt und bei lebendigem Leibe begraben.

Auch die Mitangeklagten Levière und Nihoul widersprachen Dutoux’ Darstellung von der Entführung mehrerer Mädchen. Nur er allein habe Dutroux bei der Entführung der Jugendlichen An und Eefje im Sommer 1995 geholfen, sagte Lelièvre. Er wies auch die Darstellung Dutroux' zurück, er habe zusammen mit anderen die Achtjährigen Julie und Mélissa in das Haus des Hauptangeklagten gebracht. Er habe die beiden Kinder nie gesehen, sagte Lelièvre. Als er Dutroux auf die Fahndungsplakate mit Julie und Mélissa angesprochen habe, habe dieser gesagt: „Ich bin nicht der Einzige, der so etwas in Belgien macht.“ Nihoul wies jede Verwicklung in die Entführungen zurück. Er habe auch mit dem Missbrauch von Kindern nichts zu tun.