Streubomben kommen auf den Index

Nach langjährigen Verhandlungen unterzeichnen immerhin 105 Staaten ein Abkommen zum Verbot der tückischen Waffen. Deutschland und andere Nato-Staaten setzten sich für Ausnahmen ein. Befürworter hoffen auf einen Wandel in Washington

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Nach dreijährigen Verhandlungen auf Initiative der norwegischen Regierung wird am Mittwoch in Oslo ein neuer Rüstungskontrollvertrag über ein weitgehendes Verbot von Streubomben besiegelt. Eine breite internationalen Koalition von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) hatte dabei entsprechenden Druck ausgeübt. Vertreter von 105 der 192 UNO-Staaten werden das Abkommen heute unterzeichnen. Es tritt in Kraft, sobald es die Parlamente von mindestens 30 Ländern ratifiziert haben.

Dem Abkommen zufolge müssen innerhalb von acht Jahren alle unter das Verbot fallende Streubomben vernichtet werden. Das von einer Mehrheit der 105 Unterzeichnerstaaten ursprünglich angestrebte lückenlose Verbot von Einsatz, Produktion, Lagerung und Export sämtlicher Typen von Streubomben scheiterte an Deutschland und anderen Nato-Staaten, die eine Reihe von Ausnahmen durchsetzten. Dennoch feiern Handicap International und andere NGOs die Unterzeichnung als „großen Fortschritt“ auf dem Weg zu einem vollständigen Verbot von Streubomben.

Vor dem „Oslo-Verhandlungsprozess“ waren langwierige Gesprächsrunden der UNO-Abrüstungskonferenz in Genf am Unwillen hauptsächlich der USA, Chinas und Russlands gescheitert – ähnlich wie Mitte der 90er-Jahren die Verhandlungen der Abrüstungskonferenz über ein Verbot von Antipersonenminen. Der daraufhin auf Initiative Kanadas und einer internationalen NGO-Koalition ausgehandelte Vertrag über das Verbot dieser Minen wurde seit 1997 von über 160 Staaten ratifiziert. Damit stieg der politische Druck auf die Regierungen in Washington, Moskau und Peking, dem Minenverbot beizutreten.

Eine ähnliche Wirkung erhoffen sich die NGOs und Norwegens Regierung auch vom Oslo-Abkommen zum Verbot von Streubomben. Aus dem Umfeld des künftigen US-Präsidenten Barack Obama gibt es Hinweise, wonach die USA im kommenden Jahr möglicherweise beide Abkommen unterzeichnen könnten. Bei den Verhandlungen über das Streubombenverbot (an denen die USA ebenso wie China und Russland nicht teilnahmen) hatte Washington mit tatkräftiger Hilfe Deutschlands und anderer europäischer Nato-Verbündeter zwei hochproblematische Ausnahmen durchgesetzt: zum einen erlaubt das Abkommen seinen Unterzeichnerstaaten gemeinsame Militäroperationen mit Nichtvertragsstaaten, die dabei Streubomben einsetzen. Zum anderen kann das Verbot, Streubombenmunition einzusetzen, auf dem eigenen Territorium zu lagern oder den Einsatz durch andere Staaten bei gemeinsamen Militäroperationen, etwa innerhalb der Nato, zu unterstützen, für die Vertragsstaaten ausgesetzt werden. Diese Klauseln würden nach einer Unterzeichnung des Oslo-Abkommens durch Washington praktisch bedeutungslos.

Unter das Verbot fällt die Streubombenmunition der Bundeswehr vom Typ M85. Die Bundesregierung hatte nach der abschließenden Verhandlungsrunde im September in Dublin zugesagt, dass diese Bestände vollständig vernichtet werden. Erlaubt bleiben auf Betreiben Deutschlands und anderer Nato-Staaten Streubomben-Typen, die angeblich keine Gefahr für Zivilisten darstellen.