Kulturpolitisches Poltern in Vegesack

Dem Kito wird das Geld gestrichen, gleichzeitig sagt die Kulturbehörde, es solle weiterbestehen – wie das gehen soll, darüber herrscht Schweigen. Stattdessen gibt es auf einmal ein Konzept für den Beitrag des Bremer Nordens zur Kulturhauptstadt

Bremen taz ■ Was will die Kulturpolitik in Bremen-Nord? Das ist eine Frage, die viele der Kultur-Aktiven vor Ort zur Verzweiflung bringt. Gestern kamen gleich zwei verblüffende Phänomene ans Tageslicht: Es gibt ein „Konzeptpapier für Bremen-Nord als Beitrag zur Bewerbung Kulturhauptstadt 2010“, soweit so gut. In alle Stille haben sich offenbar Vertreter der Investitionsgesellschaft „STAVE“, des Bauamtes Bremen-Nord, der City-Marketing und der International Universiy Bremen (IUB) mit Vertretern des kriselnden Kulturbahnhofs (Kuba) getroffen, um dieses Konzept zu schreiben. Die alt eingesessenen Kultur-Adressen Bürgerhaus Vegesack und Kito bekamen das Ergebnis mit der Post, Briefkopf: „Bremer Investitionsgesellschaft/STAVE“.

Fast gleichzeitig berichteten die Vertreter des Kito, dass ihre Gespräche mit der Kulturbehörde über die Zukunft der Einrichtung ohne Ergebnisse geblieben waren. Die Kulturdeputation hatte Ende Dezember die institutionelle Förderung des Kito-Trägervereins „Altes Packhaus“ zum „frühestmöglichen Zeitpunkt“ gestrichen – gleichzeitig gibt es eine Ansage der Behörde, dass das Kito weiter bestehen soll. Gesprächsbedarf hatte der Trägerverein außerdem bezüglich der Vorwürfe der Behörde, das Kito habe Probleme mit der Effinzienz, der Flächennutzung und der Kooperationsbereitschaft.

Die Vertreter des Kito-Trägervereins, Volker Kolz und Annegret Ritz, berichteten gestern, sie hätten nach einem ersten Treffen mit Kultursenator Hartmut Perschau (CDU) Anfang Februar die Zusage für Verhandlungen bekommen, außerdem habe man ein persönliches Abschlussgespräch Ende Februar vereinbart – letzteres wollte Perschau dann aber doch nicht mehr führen. In der Zwischenzeit sprachen Kolz und Ritz mit verschiedenen Mitarbeitern der Kulturbehörde – eine Odyssee aus Schreiben, Telefonaten und Gesprächsprotokollen, die im Nirgendwo endete. Bis Juni wolle die Behörde ein Konzept für die Kultur in Bremen Nord vorlegen, damit betraut wurde nun Volker Plagemann, ehemaliger Leiter der Kulturbehörde in Hamburg. Aber auch der habe sich noch nicht im Kito gemeldet, man habe vergeblich versucht, ihn ans Telefon zu bekommen.

Plagemann erklärte, er müsse „erst einmal genauere Kenntnis der Kultureinrichtungen“ gewinnen, bevor er „in konstruktive Gespräche mit Einzelnen“ gehen könne. Eine Kontaktaufnahme mit dem Kito, so versichert Plagemann, sei geplant.

Dem Kito läuft derweil die Zeit weg: Die Förderung ist nur bis Ende 2004 gesichert, für 2005 ist alles unklar – also kann man nicht planen, keinen Künstler verpflichten. Kolz: „Das Kito wird wie ein Tanker aus voller Fahrt gestoppt.“

Und dann flattert dem Kito ein fertiges Papier zur „Kulturhauptstadt 2010“ ins Haus, wo jeder weiß, dass nach den Leitlinien solcher Papiere das Geld fließen wird. Geschrieben haben es Bau- und Marketing-Leute, dazwischen als einziger Kulturträger ausgerechnet das Kuba. Das verstärkt bei den Kultureinrichtungen, die von den internen Zirkeln ausgeschlossen sind, den Verdacht, dass man das Parteibuch der CDU haben muss, um beim Kultursenator ernst genommen zu werden.

Absurderweise ist in dem wortreichen Kulturhauptstadt-Konzept für Bremen-Nord außer der Tatsache, dass Vegesack an der Lesum liegt (“maritimes Bild“), nur das Theaterstück „Little Nemo“ erwähnt, dessen Regisseur und Schauspieler gerade mit Grausen dem Kuba den Rücken gekehrt haben. Die Zukunft des Kuba ist daher mindestens so ungeklärt wie die der beiden anderen größeren Kultureinrichtungen in Bremen-Nord. Was ist die Kulturwerkstatt Kuba ohne ihre Künstler, dass ihr Trägerverein das Konzept “Kulturhauptstadt 2010“ mitschreiben darf?

Um die Verwirrung vollkommen zu machen, hat sich Claus Hößelbarth in Bremen-Nord zurückgemeldet, der Mann, der das Kito zu einem überregionalen Veranstaltungort gemacht hatte, allerdings mit dem Geld nicht auskam und daher vor drei Jahren gehen musste. Der Veranstaltungs-Experte Hößelbarth berät nun das Kuba, das eigentlich „Kulturwerkstatt“ sein will, aber seine Künstler vergrault hat. Nicht nur im Kito werden hier Erinnerungen wach an alte Phantasien, vom Kuba aus könnte das Kito übernommen werden.

Vertrauensbildende Maßnahmen wären nötig zur Rettung der Kultur in Bremen-Nord. In dieser Woche ist stattdessen viel Porzellan zerschlagen worden.

kli/kawe