„Ohne Atelierförderung wird alles gefährdet“

Der Atelierbeauftragte Florian Schöttle fürchtet um den Ruf der Stadt als Standort Nummer eins in der bildenden Kunst. Bleibe es bei der Streichung der effizienten Förderung, säßen schon ab Juni über 100 Künstler auf der Straße

taz: Herr Schöttle, die Entscheidung des Hauptausschusses, die 1,2 Millionen Euro Atelierförderung zu sperren, kam ganz plötzlich. Warum?

Florian Schöttle: Iris Spranger, die Haushaltsexpertin der SPD, hat gesagt, man wolle das Programm nur auf Eis legen, um die Effizienz zu prüfen. Das wundert uns sehr, weil wir im Herbst des vergangenen Jahres im Kulturausschuss gezeigt haben, dass wir hocheffizient arbeiten. Seit es die Atelierförderung gibt, haben wir das Programm von 100 auf 700 Ateliers insgesamt hochgezogen, ohne einen Pfennig mehr Fördermittel zu brauchen.

Was wären die Folgen für die Künstler?

Wir dürfen keine neuen Verträge mehr abschließen oder alte verlängern. Die ersten laufen im Juni dieses Jahres aus. Dann müssen die Künstler raus.

Wie viele Künstler wären davon betroffen?

Gefährdet sind zwischen 102 und 111 Atelierplätze.

Die Fraktion der FDP hat vorgeschlagen, statt einer Atelierförderung lieber eine Absatzförderung für die Kunst einzuführen. Braucht man denn eine Atelierförderung, oder gibt es da Alternativen?

Das wäre auch eine versteckte Förderung. Die Künstler brauchen aber erst einen Raum mit einem bezahlbaren Preis, um gute Arbeit zu leisten. Dann können sie die in den Kunstmarkt einbringen. Der Durchschnittspreis, den ein Künstler in Berlin für ein Atelier bezahlen kann, liegt bei 200 Euro. Sonst müssen sie nebenher jobben. Außerdem können sie doch nicht den Absatz von Kunst in Berlin fördern, wenn es in Berlin gar keine Kunden gibt.

Was befürchten Sie als Auswirkungen auf die Kunstszene in Berlin?

Wir haben insgesamt 700 Künstlerkarrieren zehn Jahre lang gefördert und stabilisiert, indem wir ihnen günstigen Raum zur Verfügung gestellt haben. Die Künstler konnten sich dadurch auf ihre künstlerische Arbeit konzentrieren und haben ihre Präsenz auf dem internationalen Kunstmarkt vergrößert. Dadurch ist der Ruf Berlins als Kunststandort überhaupt in dem Maße erst entstanden. Berlin ist mittlerweile in Deutschland Standort Nummer eins in der bildenden Kunst. Es hat darin Köln und Hamburg den Rang abgelaufen. Und über diesen Ruf Berlins als Kunststandort hat sich die Künstlergemeinde nochmal verdoppelt. Und das ist direkt auf die Förderung zurückzuführen. Ohne eine Atelierförderung wird das alles gefährdet.

INTERVIEW: CHRISTIAN VATTER