Berlin, ein Wintermärchen

Der Senat legt ein Tourismuskonzept vor, um die Winterkonjunktur anzukurbeln. Fünf Millionen Euro fließen in die Kampagne „WinterMagic“. Ein erster Schritt, aber viel zu zaghaft. Die taz erklärt, wie man einen zünftigen Hauptstadtwinter macht

VON STEFAN ALBERTI
UND CLAUDIUS PRÖSSER

Oberste Priorität: Schluss mit dem Schmuddelwetter. Matsch und Granulat unterm Stiefel verderben die Stimmung. Berlin braucht weiße Winter.

Schneesicherheit

Technisch ist das kein Problem: Schnee fällt ja genug – er bleibt bloß nicht liegen. Flächendeckende Bodenfrostanlagen machen dem ein Ende. Schneekanonen auf den Dächern ergänzen die weiße Pracht. Die Moskau-Nummer: Sollte doch eine Regenfront aufziehen, bedient sich Berlin aus der sowjetischen Trickkiste. Sportflugzeuge „impfen“ die Wolken mit Silberjodid und lassen sie im Umland abregnen. Über Berlin glitzert die Sonne.

Sporteln

Langlauf am Rheinufer in Düsseldorf, Biathlon Auf Schalke – das können wir auch: Die Skischanze am Brandenburger Tor war ein Anfang. Künftig muss ein Netz von Loipen die Stadt durchziehen. Für Abfahrt-Freunde wird die 1986er-Slalomstrecke auf dem Teufelsberg wiederbelebt. Über den künstlich vereisten Landwehrkanal gleitet Anni Friesinger. Extremsportler erinnern sich an die Eisklettersäule auf dem Schlossplatz. Den echten Kick bietet aber nur der Fernsehturm: 365 senkrechte Meter, dagegen ist die Eiger-Nordwand ein Spaziergang.

Markttreiben

Berlin ist Entwicklungsland: Angesichts der Weihnachtsmärkte in Nürnberg oder Dortmund sind die Budendörfchen an der Spree ein Klacks. Eine Weihnachtsmarkt-Achse muss her, am besten vom Theo bis zum Alex. Für Imbissbuden gilt: Wer neben Döner und Currywurst weder Maroni noch Glühwein anbietet, zahlt Strafe. Und weil wahre Freude durchs Ohr geht, ist Surround-Musik ein Muss. „Jingle Bells“-Schleifen, in jedem Kaufhaus eine Selbstverständlichkeit, müssen Einzug in öffentliche Gebäude und U-Bahnhöfe halten. Ausnahme: „I’m dreaming of a white Christmas“. Die ist ja dann Realität.

Highlights

Für den Après-Ski ist genug gesorgt. Echte Winter-Events machen sich dagegen noch rar. Die Saison eröffnen könnte ein Laienspiel in der City West – „Tannensturz auf dem Breitscheidplatz“. Potenzieller Dauerknüller ist der Buddybären-Eisschnitz-Contest, zu dem Künstler aus aller Welt anreisen. Das Beste: Wenn es warm wird, erledigt sich das Entsorgungsproblem von alleine. Noch ein Hingucker: der wöchentliche Rentierauftrieb auf dem Ex-Airport Tempelhof. Wo im März ein Tulpenmeer erblüht: SpringMagic in Berlin. Die Planungen sind in vollem Gange.