INNERE SICHERHEIT: EIN ÜBERMASS AN PRÄVENTION UND MAGERE ERFOLGE
: Datenschutz hat keine Konjunktur

Schon vor den Terroranschlägen vom 11. September in den USA wurde innere Sicherheit in Deutschland groß geschrieben und war ideales Experimentierfeld für aktionistische Politik. Nach dem 11. September indes sind die Bemühungen um eine verbesserte Sicherheit offenbar endgültig auf eine schiefe Ebene geraten. Die Zeche zahlt die Bevölkerung mit Einbußen bei den Persönlichkeits- und Bürgerrechten.

Aber die Bürger merken es nicht – oder wollen es nicht merken. Beim gestrigen Tätigkeitsbericht des obersten Datenschützers Joachim Jacob wurde das wieder einmal deutlich. So steigt die Zahl der Telefonüberwachungen seit Jahren. Damit ist weder etwas über die Zahl der tatsächlich Abgehörten oder die dadurch erzielten Erfolge bei der Kriminalitätsbekämpfung gesagt.

Klarheit soll hier ein Forschungsbericht im Auftrag des Justizministeriums bringen. Doch das Gutachten ist schon seit mehr als einem Jahr überfällig. Es heißt, seitens der Sicherheitsbehörden und Staatsanwaltschaften habe es „Anfangsschwierigkeiten“ bei der Zulieferung der notwendigen Ausgangsdaten gegeben. Das bedeutet nichts Gutes. Ähnlich die Prüfergebnisse des Datenschutzbeauftragten auf anderen Feldern der inneren Sicherheit: ob Rasterfahndung, Videoüberwachung, Gen-Analyse oder Aufnahme biometrischer Daten in die Ausweispapiere. Wohin man auch blickt, überall das gleiche Bild: ein Übermaß bei der Prävention und – soweit überhaupt nachvollziehbar – eher magere polizeiliche Erfolge. Nicht nur bei den Sicherheitsbehörden wachsen die Datenbanken mit sensiblen persönlichen Daten. Das im Aufbau befindliche E-Government wird die Kenntnis der Verwaltungen über die Bürger sprunghaft wachsen lassen.

Und erst das Internet: Gewaltige Datenströme wälzen sich weltweit durch die elektronischen Netze, kaum kontrollier-, aber vielfältig nutzbar. Wir werden uns entscheiden müssen, ob wir unsere Persönlichkeitsrechte durch effektive Kontrollsysteme schützen wollen oder sie aus Bequemlichkeit endgültig preisgeben. OTTO DIEDRICHS