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: Das Bild als Täuschungsmanöver

Der Kunsthistoriker Hans Belting spricht über den Glauben an Ikonen und Fotos

Heute würde niemand mehr darüber streiten. Auch gäbe es keinen Bürgerkrieg angesichts der Frage, ob man Gott abbilden darf oder nicht. Als im Byzanz des sechsten Jahrhunderts die ersten Ikonen entstanden, war das anders. Da stritten die Theologen darüber, ob die Ikone eine Missachtung des biblischen Bilderverbots sei; schließlich hatte Gott bis dato als unsichtbar und nicht darstellbar gegolten. Die Ikonen bildeten aber sogar Christus ab. Umstritten war, ob man die Ikone verehren dürfe. Den Kirchenoberen war die Macht suspekt, die die Ikonen auf die Gläubigen ausübten. Es ging also nicht um die Bilder selbst, sondern um den Wahrheitsgehalt, den die Menschen ihnen zuschrieben.

Das ist ein Ansatz, der sich auf die Bilderverehrung der Moderne übertragen lässt. Hierüber wird heute der Kunsthistoriker Hans Belting referieren, der bis 2002 am Institut für Kunstgeschichte und Medientheorie an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe lehrte. „Der Wandel von der Ikone zum Porträt – Vom Ebenbild Gottes zum Abbild des Menschen“ lautet das Thema seines Vortrags.

Belting wird unter anderem diskutieren, ob sich die Sehgewohnheiten und der Glaube an die Objektivität des Bildes verändert haben. Denn auch wenn es scheint, als sei ein Foto objektiver als eine Ikone, ist der Unterschied nur graduell und die Täuschung der Moderne bloß subtiler: Der mittelalterliche Mensch wusste immerhin, dass seine Ikone nicht Realität abbildete, sondern Symbol seines Glaubens war. Der moderne Mensch kennt nicht alle Finessen digitaler Manipulation und ist ihr oft ausgeliefert. Besonders, wenn die Bilder in Nachrichtensendungen gezeigt werden und aus fernen Gegenden stammen. PS

19 Uhr, Kunsthalle