Lernen unter Palmen

Problemfall Bildungsurlaub: Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch darauf, doch die wenigsten nutzen ihn. Dabei kann er der Karriere förderlich sein

von Kristin Jankowski

Jeder Arbeitnehmer, der wenigstens seit sechs Monaten im Anstellungsverhältnis steht, hat in Hamburg Anspruch darauf: Bildungsurlaub. Genutzt jedoch wird dieses Angebot – bundesweit – von weniger als einem Prozent der Berechtigten. Dabei geht es um verschiedene Weiterbildungsmaßnahmen, die etwa der politischen Bildung dienen, bei der Qualifizierung und Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten behilflich sind oder gar dabei, auf der beruflichen Karriereleiter einen Schritt nach oben zu klettern. Die Angebote reichen vom Englischlernen in Südafrika bis hin zu Kursen über das Ernährungsverhalten behinderter Menschen.

Fünf Tage Bildungsurlaub jährlich – alternativ auch zehn Tage innerhalb von zwei Jahren – kann ein Arbeitnehmer beantragen. Dem, der mehr als fünf Tage wöchentlich arbeitet, stehen sogar zwölf Tage in zwei Jahren zu. Bildungsurlaub muss vom Arbeitgeber prinzipiell gewährt werden. Eine Ablehnung ist nur rechtens, wenn zwingende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter anstehen. Klaus Schepe, Referatsleiter für Bildungsurlaub in der Behörde für Bildung und Sport: „Problemfälle sind sehr selten. Falls der Arbeitnehmer auf sein Recht pochen will, sollte er den Weg zum Arbeitsgericht wagen.“

Jedoch scheuen viele bereits den Gang zum Arbeitgeber, um über einen Bildungsurlaub zu sprechen. „Sicher spielt auch die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust mit“, so Bildungsexperte Thomas Rapp von ver.di. „Es ist jedoch auch erkennbar, dass Bildungsurlaube genau aus diesem Grund genommen werden – um auf keinen Fall den Arbeitsplatz zu verlieren.“

Die Anzahl der beantragten Bildungsurlaube hat sich in den vergangenen Jahren trotz konjunktureller Flaute kaum geändert. Doch ist ein Trend erkennbar: „Der Schwerpunkt liegt momentan bei Medienkursen am Wochenende. Gefragt sind besonders Fotogestaltungsseminare“, berichtet Ute Haake von der Hamburger Volkshochschule.

Seit dem 1. 1. 1974 ist per Gesetz der Anspruch auf berufliche Weiterbildung geregelt. Und dazu zählt alles, was den Arbeitnehmern im Beruf dienlich sein kann, etwa auch Computerkenntnisse oder kommunikative Kompetenz. Die Kosten übernimmt in der Regel der Teilnehmer des Seminars selbst. „Manche Arbeitgeber in progressiven Unternehmen unterstützen ihre Angestellten, indem sie den Bildungsurlaub zahlen“, weiß Klaus Schepe von ver.di. „Das kommt leider nicht häufig vor.“ Abhängig von Art und Dauer des Kurses sowie der Teilnehmerzahl gibt es die Möglichkeit, so genannte Zuwendungen von der Behörde für Bildung und Sport zu erhalten.

Das passende Seminar unter den weit über 180 verschiedenen Anbietern herauszufinden scheint schwierig. Hilfreich ist, sich bei „Weiterbildung Hamburg e.V.“ über Förderung, aktuelle Trends und nahezu alle Veranstalter zu informieren. „Jedoch gibt es auch Anbieter, die nicht in diesem Verein sind“, so Bildungsexperte Rapp. „Das heißt allerdings nicht, dass es sich bei denen um schwarze Schafe handelt. Die gibt es meines Wissens nämlich nicht.“

„Weiterbildung Hamburg e.V.“ ist erreichbar unter ☎ 280 84 60