rat & tat

Eine taz-Handreichung

So stärken Sie, DGB-Chef Sommer, die Gewerkschaftsmacht:

1. Versuchen Sie, mit Ihrer Kritik an den geplanten Schröder’schen Sozialreformen möglichst oft ins Fernsehen und in die Zeitungen zu kommen. Dabei ist es nicht schlimm, wenn Sie mal unter lautem Mediengetöse ein Gespräch mit dem Kanzler platzen lassen. Das wirkt, als würden Sie mit dem Regierungschef auf Augenhöhe verhandeln. Niemandem fällt auf, dass die Gewerkschaften in Deutschland weder die Gesetze machen noch im Bundestag dagegen stimmen können.

2. Berücksichtigen Sie die Eitelkeiten Ihrer Kollegen. Nicht nur Sie, sondern auch die Gewerkschaftschefs Klaus Zwickel (IG Metall) und Frank Bsirske (Ver.di) kommen gerne in den Medien vor. Kein Wunder also, dass die beiden nicht unbedingt gemeinsam mit Ihnen zu einem Gespräch beim Kanzler dackeln wollten. Bedenken Sie aber, dass zu häufige Fernsehauftritte gerade dem jüngeren Publikum vor Augen halten, dass neuerdings vor allem ältere Gewerkschaftsmänner die wilde außerparlamentarische Linke abgeben.

3. Lancieren Sie Ihre Gegenvorschläge zu den Schröder’schen Sozialreformen exklusiv in eine Zeitung, noch vor Ihrer Pressekonferenz. Den Trick hat schon der US-Autor Tom Wolfe beschrieben: So was wirkt bedeutsam und macht die anderen Medien neidisch. Da fällt dann weniger auf, dass Ihre Gegenvorschläge vor allem Bekanntes enthalten wie etwa mehr Staatsgelder für Investionen und eine höhere Neuverschuldung.

4. Entwickeln Sie ein Suchprogramm. Es soll in allen Gewerkschafterreden das Wort „Nationalsozialisten“ automatisch rot anstreichen und einer kritischen Überprüfung unterwerfen. Damit vermeiden Sie, dass Gewerkschafter in ihren Reden peinliche und unhistorische Vergleiche ziehen.

5. Bedenken Sie: Die Arbeitnehmer von heute sind gebildeter als noch vor 100 Jahren. Worte wie „sozialer Kahlschlag“ oder „Rückfall ins 19. Jahrhundert“ wirken leicht lächerlich, wenn es um minimale Veränderungen beim Kündigungsschutz geht. Sprechen Sie ruhig auch mal die „neuen Klassenunterschiede“ an, nämlich die Unterschiede zwischen Festangestellten in einem Großunternehmen, Beschäftigten bei kleinen Mittelständlern, befristet Angestellten und rechtlosen Honorarkräften. Aufmerksamkeit ist Ihnen sicher. BD