Jetset und Vorstadt

Hass erzeugt Hass: Studenten der Ernst-Busch-Schule proben am bat-Theater ein griechisches Marathon

In Badelatschen posiert ein aufgekratzter Odysseus als postmoderner War Hero. „Ey, wo liegt eigentlich Troja?“, will er von dem deprimiert im Saunagarten sinnierenden Agamemnon wissen. Auf der bat-Studiobühne der Ernst-Busch-Schule proben sechs Regie- und achtzehn Schauspielschüler im dritten Ausbildungsjahr den Zyklus „Iphigenie – Orest – Iphigenie“, der am 6. März Premiere hat. Gegenwartsbezüge sind in dieser Sechseinhalb-Stunden-Marathoninszenierung der Atriden-Geschichte ausdrücklich erwünscht: Flankiert werden die klassischen Texte, Euripides’ „Iphigenie in Aulis“ und Aischylos’ dreiteilige Orestie, von David Lindemanns „Agamemnon im Saunagarten“ und Alexander Maruschs modernem Medienspektakel „Peace for Aulis“.

Heterogen bleiben dabei die dramaturgischen Schwerpunktsetzungen. So gehören Agamemnon und Klyaimestra für die Regisseurin Christine Hofer noch zum Konfetti schmeißenden Party-Jetset, wo die Ankündigung „Ich muss zuerst ein Opfer noch vollbringen“ nur künstliches Gelächter auslöst. In „Agamemnon“ lässt Agnes Hansch eine Klytaimestra auf Stöckelschuhen den heimgekehrten Agamemnon, mit Lederband in der zottigen Mähne, herumkriechen. Liebe als Krieg mit anderen Mitteln: „Wovor hast du denn Angst, du bist doch der totale Sieger.“

„Hass erzeugt Hass. Das funktioniert wie eine Maschine, die immer wieder neu durchrattern kann“, erklärt der Regisseur Tilmann Köhler. „Das Bedrohliche an der Geschichte: Sie ist 2000 Jahre alt, und das Prinzip funktioniert immer noch.“ Köhler steckt den Chor am Grab des Agamemnon unter Masken aus Karstadt-Plastiktüten, die ihn wie eine bedrohliche Zusammenrottung von Vorstadtterroristen aussehen lassen. Folgerichtig verkommt auch die Gerichtsszene der „Eumeniden“ zur amerikanischen Fernsehklamotte: Klytaimestra schreit von Schuld und Undank und spuckt Blut, das sie vorher aus einer Flasche trinkt.

Den Schauspiel-Eleven bietet das Theatermarathon jedenfalls viel Gelegenheit zu einem körperbetonten, gestischen Spiel in wechselnden Rollen. Am Ende der Probe sind die abweisenden Bühnenwände mit Kritzeleien und dem Theaterblut der Atriden beschmiert. Auf dem Boden mischt sich Klytaimestras Konfetti mit der Asche Agamemnons. JAN-HENDRIK WULF

Premiere: 6. März, 16 Uhr, bat, weitere Vorstellungen: 7., 13., 20. März