L.A. Confidential

Die Wege des Musikgeschäfts sind unergründlich: Phantom Planet spielten im Knaack vor etwa 150 Anhängern die Rückkehr des Power-Pop herbei

VON THOMAS WINKLER

Wagen wir einen klassischen musikjournalistisch-hirnrissigen Beginn: Power-Pop is back. Die amerikanische Rockband Phantom Planet gab am Donnerstag im Berliner Knaack-Club ihr einziges Deutschland-Konzert und überzeugte ungefähr 150 Anhänger mit mitreißenden Songs ihrer neuen, im Mai auch hier erscheinenden CD „Phantom Planet“. Nicht zu kurz kamen auch Stücke ihres zwei Jahre alten Erfolgsalbums „The Guest“.

Ein nicht unpassender Anfang, denn während die Vorgruppe den Namen 200 Sachen trug und vor Augen führte, dass wir nun auch aus Wiesbaden mit Epigonen von Mia zu rechnen haben, führten Phantom Planet eine herzlich altmodische, solide Rock-Show auf. Das Programm umfasste Gitarristen, die ihre Rücken aneinander reiben, systematisch ungepflegte Fünftagebärte und drogendünne Spargelbeinchen in liebevoll durchlöcherten Jeanshosen sowie Gitarren-Soli mit verzerrtem Gesicht. Nicht fehlen durften auch die Rückkopplungsorgie und schließlich sogar der Spaziergang des Sängers mit Mikrofon durchs Publikum.

Die Fünf von Phantom Planet mögen noch jung an Jahren sein, ihre Musik aber orientiert sich an eher soliden Werten: Einem guten Song, einer eingängigen Melodie, einer ganz altmodisch durch einen Vox-Verstärker gejagten Gitarre. Elvis Costello zählt zu ihren Vorbildern, was für eine amerikanische Band schon außergewöhnlich ist. Für eine Band aus Hollywood, Kalifornien, eine Band, deren Mitglieder ihr Geld schon mal als Schauspieler oder Models verdienen, muss es mithin als sensationell gelten.

Aus dieser seltsamen Mischung entstand dann Musik, die garantiert nicht neu ist. Wenn man seine Band allerdings schon mit 14 Jahren gründet (sinnigerweise in einer Pizza-Hut-Filiale) und sich nach einem ersten Fingerübungs-Album mehr als 60 Stücke zur Auswahl angesammelt haben, dann kann schon mal eine Platte wie „The Guest“ entstehen, auf der jeder einzelne Song das Zeug zum Evergreen gehabt hätte. Da die Wege des Musikgeschäfts aber mitunter unergründlicher sind als die des Herrn, hatten Phantom Planet nie auch nur einen einzigen Hit. Allein „California“ wurde zum bescheidenen Mini-Erfolg.

„Phantom Planet“, das in den USA bereits erschienene dritte Album, klingt bisweilen wie eine leicht verbitterte Reaktion auf diesen Misserfolg. Klavier und Streicher, die früher noch den Sound bestimmten, sind ersetzt durch eine allumfassende Gitarren-Attacke. Auf der Bühne des Knaack allerdings kommen selbst drei Gitarren oft nicht an gegen den neuen Schlagzeuger Jeff Conrad, der während der Aufnahmen zu „Phantom Planet“ Jason Schwartzman ersetzte, der sich seiner mit Hauptrollen in „Slackers“ und „Spun“ hoffnungsvoll begonnenen Schauspielkarriere widmet.

Vielleicht sind Phantom Planet – ganz unter Ausschluss der Öffentlichkeit – ja wirklich die besseren Franz Ferdinand, gerade weil sie ihre unwiderstehlichen Popsongs erfolgreich hinter rüderer Produktion, sich gegenseitig überlagernden Gitarrenriffs und angestrengten Songstrukturen verstecken. Aber dieses gewisse kalifornische Gefühl, das „The Guest“ transportierte, das ist verloren gegangen. Es kehrt für einen Moment zurück am Ende des Konzerts, als sie „California“ spielen und die zeitlose Piano-Hookline der Album-Version mit zwei Gitarren ersetzen.

Draußen, auf der Greifswalder Straße, hält dieser Rest des kalifornischen Gefühls allerdings nur wenige Minuten vor. Selbst Phantom Planet können den Berliner Spätwinter auf Dauer nicht überwinden. THOMAS WINKLER