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Archiv-Artikel

BAYERN WILL ALLE AUTOBAHNBENUTZER PER VIDEO ÜBERWACHEN Berechtigtes Misstrauen

Funktioniert bestens, sagt das bayerische Innenministerium. Autokennzeichen per Video erkennen und von einem Computer auswerten lassen ist kein Problem. Vielleicht sollte man das mal Toll Collect erzählen. Aber es geht bei der Videoüberwachung, die der Freistaat nun als erstes Bundesland einführen wird, ja nicht um lästige Lkw-Maut und komplizierte On-Board-Units – sondern um die innere Sicherheit, die der CSU bekanntlich so sehr am Herzen liegt wie keiner anderen Partei.

Genau darin liegt aber die Gefahr der Technik, die auf den ersten Blick nicht allzu bedrohlich wirkt: Zum einen soll sie nicht flächendeckend angewendet werden – im Gegensatz etwa zum Londoner Überwachungssystem ist eine spätere Kopplung mit den Anlagen zur Mauterfassung nicht einmal angedacht. Außerdem werden alle Daten, die nicht im Polizeicomputer stehen, sofort und unwiederbringlich gelöscht. Das ist aus Sicht des Bürgers eine Selbstverständlichkeit. Manche CSUler dagegen wollen alle Daten speichern – man könnte sie ja irgendwann mal brauchen.

Das macht misstrauisch – insbesondere wenn man bedenkt, dass im bayerischen Innenministerium knallhart die Linie „Sicherheit vor Datenschutz“ verfochten wird. Und dass die Ad-hoc-Ausweitung von Überwachungsmaßnahmen momentan mit dem Zauberwort „Terrorgefahr“ so mühelos durchzusetzen ist wie seit dem „Deutschen Herbst“ der Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts nicht mehr.

Einstweilen jedoch sind alle Befürchtungen Spekulation. Die Videoüberwachung ist eine Reaktion auf die EU-Osterweiterung, von der man bei den bayerischen Sicherheitsbehörden einen Anstieg der Kriminalität erwartet. Nur: Wie bei den meisten Überwachungstechniken genügt auch hier das Umlegen eines Schalters, um die Daten aller Autos zu speichern, die einen Kontrollpunkt passieren. Und: Das Ganze ist keinesfalls ein rein bayerisches Problem. Fast alle anderen Bundesländer sind höchst interessiert an der neuen Technik, der Freistaat spielt lediglich mal wieder den Vorreiter in Sachen innerer Sicherheit. JÖRG SCHALLENBERG