verbraucherschutz
: Künasts Konzessionen

Käufer und Anbieter sind nur in der schönen Theorie vom freien Markt gleichberechtigte Partner. In der Praxis ist das anders: Der Hersteller weiß alles über sein Produkt – und der Kunde fast nichts. Der Hersteller unterhält eine Rechtsabteilung – der Kunde bestenfalls eine Rechtsschutzversicherung. Und der Hersteller kontrolliert die Kommunikation per Werbung – der Kunde kann ihr glauben oder nicht.

Kommentarvon MATTHIAS URBACH

Deshalb ist es gut, dass Verbraucherschutzministerin Renate Künast nun einen Aktionsplan vorlegt, der den Verbraucherschutz endlich aus der Nische der Lebensmittelkontrolle befreit. Ob es um die richtige Rentenversicherung geht, den umweltfreundlichsten Stromanbieter oder den günstigsten Telefonprovider – die Entscheidungen, vor denen der Kunde steht, werden immer schwieriger. Transparenz ist wichtiger denn je.

Doch Künasts Aktionsplan ist anzusehen, dass das Wirtschaftsministerium daran mitgeschrieben hat. Sei es beim Strommarkt oder bei der Auskunftspflicht der Unternehmer gegenüber ihren Kunden. Die Ministerin bezeichnete ihren Plan gestern zu Recht nur als einen „Anfang“.

Wenn sie die Rechte der Kunden wirklich stärken will, muss sie vor allem die Situation der Verbraucherschützer verbessern. Kaum jemand hat sich so um Markttransparenz und Kundenberatung verdient gemacht. Nur wenige öffentliche Institutionen genießen ein so hohes Renommee wie die Stiftung Warentest und die Verbraucherzentralen. Doch gerade sie werden seit einigen Jahren kaputtgespart. Auch Künasts Aktionsplan ändert daran nichts.

Dabei gäbe es Wege, die Verbraucherschützer zu fördern, ohne die öffentliche Hand zu belasten. Eine Abgabe auf Produktwerbung zugunsten der Verbraucheranwälte wäre nur fair. Sie müsste nicht einmal sonderlich hoch sein. Der Beifall der Kunden wäre der Grünen gewiss.

Damit würde die Ministerin ganz nebenbei sich selbst den Rücken stärken. Den Beistand der Verbraucherzentralen wird sie gegen das Kartell von marktbeherrschenden Unternehmen brauchen. Ihnen geht es gar nicht um den freien Markt, wie sie gerne behaupten, sondern bloß um ihre Marktanteile.

Verbraucherschutz behindert nämlich keinesfalls den Markt. Im Gegenteil: Mehr Transparenz und damit eine kompetente Kaufentscheidung des Kunden setzen erst das freie Spiel der innovations- und wohlstandsfördernden Kräfte frei, deren sich die Marktwirtschaft so rühmt.

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