Heimspiel ohne Schnauzer

Bundesumweltminister Jürgen Trittin wettert auf dem Wahlkampf-Dampfer der Bremer Grünen gegen die große Koalition. Gut, dass sein Bart ab ist, finden die Frauen

taz ■ Jens Schmidtmann hat schon einen Plan. „Wenn er kommt, dann schnappen wir ihn uns“, versucht er den Fotografen, der an der Kaje wartet, auf seine Seite zu ziehen. Zu gerne hätte der Moderator der Senioren-Talkshow zumindest ein Foto von sich und Jürgen. Jürgen nämlich ist der Star, der den Wahlkampf-Dampfer der Bremer Grünen füllen soll. Und Schmittmann nicht der einzige der 300 Grünen-Fans an Bord, der da seine Chance wittert.

Jürgen Trittin ist in Bremen aufgewachsen und jetzt Bundesumweltminister. Also einer mit Anzug, Einfluss und Ansehen. Ob er nicht mal nach Ganderkesee kommen könne, wagt sich ein Mann auf dem hinteren Deck zum Minister vor. Schließlich habe die dortige Sonderschule einen von ihm beschirmherrten Wettbewerb gewonnen. Ob das ausreicht? „Ich glaube schon“, sagt der Mann: „Trittin hat dort auch Verwandte.“

Die landschaftsgeschützte Weser-Marsch, in den Augen des Bremer Wirtschaftsressorts Platz für Gewerbegebiete, liegt einer Bürgerinitiativen-Frau am Herzen. Ob Trittin das nicht mal „in die Hand nehmen und was für Bremen tun“ könne, fragt sie und steckt dem Umweltminister ihre druckfrische Broschüre über das Grünland im Bremer Osten zu. „Ich schau’s mir an“, verspricht Trittin. Das Heft wird er den ganzen Abend in der Hand halten.

Karin Mathes, umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, will, dass das am Weserwehr geplante Wasserkraftwerk voll vom Gesetz für erneuerbare Energien profitieren kann. „Andere Beispiele sprechen dagegen“, bremst Jürgen, die linke Hand in der Hosentasche. Sein Blick schweift schon wieder übers Wasser.

Dann windet sich die grüne Spitzenkandidatin Karoline Linnert gen Minister. „Jetzt muss ich mich auch mal ranschmeißen“, sagt sie und stellt sich schräg hinter Jürgen, die Hände auf dem Rücken. Ein Lächeln nach oben, Kameras klicken. Trittin redet weiter zu Mathes. „Das Dosenpfand“, versucht Linnert ein Gespräch – und blitzt ab. Minuten später ist sie wieder weg.

Eine Frau aus Delmenhorst hat gleich ein Buch des Ministers mitgebracht, das sie jetzt signiert haben will. „Ich mach’ das Gleiche im Kleinen, was Sie im Großen machen: Umwelterziehung“, preist sie. „Wie heißen Sie denn“, erkundigt sich Jürgen, dann schreibt er: „Für Brigitte“.

Am Mikrofon zieht der Polit-Profi über die „bequeme Machtkoalition“ von SPD und CDU vom Leder. Die schaffe statt Orten pulsierenden Lebens triste Betonwüsten wie den Großmarkt. Trittin: „Hattig will, dass Bremen überall so aussieht wie der Betriebshof von Haake-Beck.“ Und: Es sei ökonomisch wie ökologisch unsinnig, sowohl einen Tiefwasserhafen zu planen, als auch die Außenweser zu vertiefen.

„Ich hab’ ihn ja oft zu meiner Show eingeladen“, klagt im Abseits Senioren-Moderator Schmidtmann. Trittin hat aber schon klargestellt: „Ich komme erst, wenn ich Pension beziehe.“

Armin Simon