Kommentar: Frauen in alten Rollen
: Ingenieurinnen zu Tagesmüttern

Gleichberechtigung ist ein Luxusgut: In Zeiten, in denen es an Jobs und Staatsknete mangelt, ist kein Platz für Frauen in gut bezahlten Berufen. Hauptsache, irgendjemand kümmert sich um die Kinder, heißt es aus dem SPD-geführten Frauenministerium zur Qualifizierung von arbeitslosen Frauen zu Tagesmüttern. Doch es geht nur vordergründig um die hilfsbedürftigen Kinder: Denn „irgendjemand“ ist nicht einer, sondern immer eine.

Klar ist, dass Kinderbetreuung eine Aufgabe des Staates werden muss: Schließlich ist es auch sein Interesse, den demographischen Status Quo zu erhalten, schließlich sieht der rot-grüne Koalitionsvertrag in NRW eine flächendeckende Kinder-Versorgung vor. Arbeitslose Frauen, die als Buchhändlerinnen, Ingenieurinnen oder Bankerinnen ausgebildet waren, nun wieder in diesen minder qualifizierten und schlecht bezahlten Beruf zu schicken und Kinder betüddeln zu lassen, ist gesellschaftspolitisch ein echter Rückschritt. Die am besten ausgebildete Frauengeneration aller Zeiten wird systematisch in neue Abhängigkeiten gedrängt. Sie verdienen, wie die aktuelle Statistik zur Frauenerwerbstätigkeit in NRW zeigt, immer noch das Zubrot zum Familieneinkommen, der Mann bleibt der Ernährer. Nur 22 Prozent der weiblichen Jobsuchenden in NRW bezieht Hilfe vom Arbeitsamt, von diesen erhalten wiederum 85 Prozent weniger als 600 Euro monatlich – nur jeder zwanzigste Mann muss sich mit so wenig Geld begnügen. Die Konsequenz: Frauen leben vom Gehalt ihres Mannes – und wer zahlt, bestimmt. ANNIKA JOERES