Groteske Forderung

Das Thalia steigert Zahlen des Vorjahres und soll, so will es die Finanzbehörde, trotzdem noch effektiver werden

Ulrich Khuon: „Berater bringen selten wirklich neue, umsetzbare Sparvorschläge“„Die drei Hamburger Staatstheater gehören zu den am effektivsten arbeitenden“

Dass Berater und ihre Firmen ihre eigenen Jobs erschaffen – einer der wenigen boomenden Arbeitsmärkte, der großteils auf der psychologisch geschickten Anwendung von Taktiken aus der Werbebranche basiert –, ist zwar nicht neu, im Detail aber immer wieder verstörend: Die Hamburger Theater zu größerer Effektivität zu bringen, hat sich die Hamburger Finanzbehörde jetzt – wieder einmal – vorgenommen, nachhaltig unbeeindruckt von der Tatsache, dass, so Thalia-Intendant Ulrich Khuon, „die drei Hamburger Staatstheater schon jetzt zu den am effektivsten arbeitenden gehören. Das gipfelt darin, dass wir bundesweit immer wieder gefragt werden, wie wir das eigentlich hinbekommen.“

Da sei es dann schon merkwürdig, dass dies in der eigenen Stadt so gar nicht zur Kenntnis genommen werde. „Diese Unbedarftheit trägt schon groteske Züge“, findet Khuon. Stattdessen greifen behördliche Bevormundungsbestrebungen um sich, „bei denen schon von vornherein klar ist, was an Einsparungen herauskommen soll“ – und das, obwohl das Thalia in der laufenden Spielzeit schon bis jetzt die Vorjahreseinnahmen und -zuschauerzahlen abermals überbietet: 163.000 Besucher haben in der laufenden Spielzeit bislang das Thalia aufgesucht; 2003 waren es 150.000. Auch die Gesamteinnahmen dieses Jahres belaufen sich bereits auf 2,5 Millionen Euro, im Gegensatz zu 1,8 Millionen im Vorjahr. Die Platzauslastung liegt bei 70 bis 89 Prozent, „und wir wären froh, wenn die Stadt uns nicht immer wieder Leute ins Haus schicken würde, die noch nie im Theater waren und uns erzählen wollen, wie man ein Theater straff führt“, erbost sich Geschäftsführer Ludwig von Otting. „Das wird allmählich unerträglich.“

Auch die eventuell avisierte Zusammenlegung von Theaterwerkstätten sei zwar interessant, Khuon bezweifelt aber, dass dies tatsächlich Kosten spart, zumal ein solches Modell mit der Unterstellung arbeitet, dass das Werkstättenpersonal bislang beträchtliche Leerläufe habe. Natürlich sei man immer bereit, über Einsparungen nachzudenken, aber er habe bislang selten erlebt, dass externe Berater zuhauf konkretisierbare Vorschläge unterbreitet hätten, auf die die Theaterleitung selbst noch nicht gekommen sei. „Hinzu kommt, dass sich die Finanzbehörde jetzt aus den Aufsichtsräten der Theater zurückzieht und auf diese Art eine Distanz erschafft, aus der heraus man natürlich unbefangener Forderungen nach Veränderungen stellen kann“, sagt Khuon. PETRA SCHELLEN